09.01.18, 17:15 von Gerwin Klinger

Berlin (energate) - Die Reaktionen auf das energie- und klimapolitische Ergebnispapier der Regierungssondierungen von Union und SPD könnten kaum gegensätzlicher sein. Im Zentrum steht, dass die Parteien das nationale Klimaziel einer CO2-Emissionsminderung von 40 Prozent bis 2020 für unerreichbar erklären (energate berichtete). Die Stimmen aus dem wirtschaftsnahen Lager loben das als Realismus, die Erneuerbaren- und Umweltverbände kritisieren das gebrochene Wahlversprechen.

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Der BDEW zeigt sich mit der Linie der Großkoalitionäre weitgehend einverstanden. "Das eigentlich entscheidende Datum ist das europäisch verbindliche CO2-Minderungsziel für 2030", erklärte Hauptgeschäftsführer Stefan Kapferer. Dafür müssten jetzt die Weichen gestellt werden. Das heiße verbesserte Bedingungen für den Bau von CO2-armen Kraftwerkskapazitäten. "Denn Kohlekraftwerke können nach dem vollständigen Atomausstieg 2023 nur dann ersetzt werden, wenn bis dahin neue, CO2-ärmere gesicherte Leistung zugebaut wurde", so Kapferer. Auch die sonstigen BDEW-Forderungen finden sich im Koalitionspapier wieder. Dazu gehören ein beschleunigter Netzausbau, Rückenwind für KWK-Anlagen und Energiespeicher sowie ein Erneuerbaren-Zubau, der mit dem Netzausbau synchronisiert wird.

Gebrochenes Wahlversprechen

Der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) "bedauert" die Aufgabe des Klimaziels. "Noch im Wahlkampf haben sich die verhandelnden Parteien klar für die Einhaltung der Klimaschutzziele ausgesprochen", erinnert BEE-Geschäftsführer Peter Röttgen. Er wirft ihnen nun vor, dass sie das Klimaschutzziel 2020 für nicht erreichbar erklären, zugleich aber nicht bereit seien, dass Erneuerbaren-Potenzial voll auszuschöpfen. Die Großkoalitionäre wollten das Erneuerbaren-Ziel 2030 zwar von derzeit 50 auf 65 Prozent Stromanteil anheben, aber die Erneuerbaren könnten "deutlich mehr zum Klimaschutz beitragen", hält Röttgen dagegen. "Gibt die Bundesregierung das Klimaschutzziel für 2020 auf, läuft Deutschland Gefahr, in Europa und international an Glaubwürdigkeit zu verlieren", warnt er.

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EEG-Ende statt Kohleaus

Der CDU-Wirtschaftsrat unterstützt, dass das "unrealistische CO2-Reduktionsziel von 40 Prozent bis 2020" aufgegeben wird. Es sei besser, sich auf das im Pariser Klimavertrag vorgegebene Minderungsziel von 55 Prozent für 2030 zu fokussieren. Er kritisiert allerdings, dass das Erneuerbaren-Ausbauziel für 2030 auf 65 Prozent erhöht und ein "Abschlussdatum für die Beendigung der Kohleverstromung" festgelegt werden soll. Stattdessen verlangt die CDU-nahe Organisation ein Enddatum für das EEG - und zwar 2025. Die Umweltorganisation BUND fordert von Union und SPD eine Kurskorrektur: "Deutschland braucht keine neue GroKo des klimapolitischen Versagens, sondern einen klimapolitischen Aufbruch." Die Kohlefrage müsse entschieden werden und bei den Erneuerbaren dürfe es keine Ausbaudeckel mehr geben."

Harte Worte fallen bei Linken und Grünen: "Wird das 2020-Ziel tatsächlich aufgegeben, begeht Bundeskanzlerin Merkel klaren Wahlbetrug", erklärte Lorenz Gösta Beutin, Energiepolitiker der Linken-Fraktion. Die Grüne Annalena Baerbock kritisiert, dass Union und SPD von dem Jamaika-Plan abrücken, 7.000 MW Kohlekapazitäten bis 2020 abzubauen. Das sei angesichts der Klimaproblematik "unverständlich". /gk