19.11.21, 16:41 von Thorsten Czechanowsky

Bayreuth/Dortmund (energate) - EWE, Gasunie Deutschland, Tennet und Thyssengas führen ihre Wasserstoffprojekte "Clean Hydrogen Coastline" und "Element Eins" zusammen. Dies soll einen Beitrag dafür leisten, die niedersächsische Küstenregion bis 2026 zu einem ersten europäischen Wasserstoffcluster zu entwickeln, heißt es in einer gemeinsamen Mitteilung der Unternehmen. Der Fokus der beiden Projekte liege auf dem Aufbau von großtechnischen Infrastrukturen, die den Grundstein für eine komplette Wertschöpfungskette bilden sollen: Von der Wasserstofferzeugung über die Speicherung in Salzkavernen und den Transport bis zur Anwendung. "Sowohl auf nationaler als auch europäischer Ebene hat man sich ambitionierte Ziele für den Hochlauf einer Wasserstoffwirtschaft gesteckt. Jetzt kommt es darauf an, diese durch Projekte mit Leben zu füllen", sagte Thomas Gößmann, Vorsitzender der Geschäftsführung des Fernleitungsnetzbetreibers Thyssengas. Der Zusammenschluss der beiden Projekte zahle auf diesen Gedanken ein.

Aus zwei mach eins

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Mit Element Eins verfolgen Gasunie Deutschland, Tennet und Thyssengas schon seit Oktober 2018 Pläne zum Aufbau einer Power-to-Gas-Anlage der 100-MW-Klasse, die Strom aus erneuerbaren Energien in grünen Wasserstoff umwandeln soll. Ein zentraler Aspekt dabei ist die intelligente Kopplung der Sektoren Strom und Gas. Im Rahmen einer Machbarkeitsstudie wurde das ostfriesische Diele (Weneer) im Landkreis Leer als geeigneter Standort für einen solchen Elektrolyseur identifiziert (energate berichtete). Das ansässige Umspannwerk von Tennet soll den Windstrom einsammeln, der an Land und vor der Küste erzeugt wird. Gleichzeitig ist die Nähe zur vorhandenen Gasinfrastruktur gegeben, die für den Wasserstofftransport nutzbar gemacht werden kann. "Wir haben das Projekt weit entwickelt", erläuterte Jens Schumann, Geschäftsführer des Fernleitungsnetzbetreibers Gasunie Deutschland. Ein wichtiger Baustein sei jetzt die Realisierung des Elektrolyseurs, die durch die Verschmelzung der Projekte hinzukommen soll.

Mit dem zweiten Projekt, Clean Hydrogen Coastline, streben der Oldenburger Energieversorger EWE mit seiner Bremer Tochter SWB, der Stahlproduzent Arcelormittal, der Fahrzeugbauer Faun und Übertragungsnetzbetreiber Tennet bis 2026 die Integration von 400 MW Elektrolysekapazität in das Energiesystem an. Insgesamt bündelt das Projekt Wasserstoff-Investitionen von 1,3 Mrd. Euro, unter anderem in die grüne Stahlproduktion oder die Produktion von Brennstoffzellenfahrzeugen (energate berichtete). Ende Mai hat sich das Projekt für die zweite Stufe des IPCEI-Verfahrens qualifiziert, über das Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse gefördert werden. "Mit Element Eins besteht die Möglichkeit, das Projekt Clean Hydrogen Coastline mit Blick auf die Wasserstoffproduktion zielgerichtet und vor allem systemdienlich im Sinne der Sektorenkopplung zu ergänzen", erklärte EWE-Vorstandschef Stephan Dohler. "Es bestätigt unsere Überzeugung, dass der Nordwesten idealer Start- und Standpunkt für den Hochlauf der deutschen Wasserstoffwirtschaft ist."

Nordwesten mit Standortvorteilen

Aus Sicht der Projektpartner bietet der Nordwesten Deutschlands durch die wirtschaftlichen und infrastrukturellen Gegebenheiten beste Voraussetzungen für den Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft. Sie verweisen etwa auf die Studie "Quo vadis, Elektrolyse", die genau zu diesem Ergebnis gekommen ist (energate berichtete). Für die Erzeugung von Wasserstoff stehen in der Region hohe Stromerzeugungskapazitäten durch Windkraft im On- und Offshore-Bereich zur Verfügung, beispielsweise an den Netzknoten Emden und Diele. Zudem ist mit den Industriestandorten in Niedersachsen, Bremen, Hamburg und Nordrhein-Westfalen ein Absatzmarkt für grünen Wasserstoff vorhanden. Hinzu kommen grenzüberschreitende Infrastrukturen zur Speicherung und zum Transport von grünem Wasserstoff, insbesondere mit dem Anschluss an die Niederlande und Dänemark.

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"Das kürzlich stattgefundene Treffen der Energieminister der Länder kam zu dem Ergebnis, dass die für den Aufbau einer grünen Wasserstoffindustrie notwendigen Elektrolyseure netz- und systemdienlich positioniert werden müssen", erklärte Tim Meyerjürgens, COO von Tennet. Das sei in dieser Region gegeben. Nach der Unterzeichnung ihrer Kooperationsvereinbarung wollen die Unternehmen jetzt die weiteren Schritte ihrer Zusammenarbeit ausloten und Fördermittel akquirieren. /tc

Portrait von Thorsten Czechanowsky
Thorsten Czechanowsky
Redakteur

Kind des Ruhrgebiets und seit 2001 als Redakteur bei energate. Seit 2018 Teil des Teams Gas & Wärme. Davor zwei Jahre lang als Nordkorrespondent in Bremen.

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