24.03.21, 16:56 von Thorsten Czechanowsky

Oldenburg (energate) - Im Nordwesten Deutschlands haben sich mehrere Industriepartner für das Wasserstoffprojekt "Clean Hydrogen Coastline" zusammengeschlossen. Ziel sei eine marktrelevante Integration und Skalierung der Wasserstofftechnologie, heißt es in einer gemeinsamen Mitteilung. Bis 2026 wollen die Projektpartner bis zu 400 MW Elektrolysekapazität in das Energiesystem einbinden. Dafür sind Investitionen von bis zu 1,3 Mrd. Euro geplant. Beteiligt sind die EWE AG aus Oldenburg mit ihrer Bremer Tochter SWB, das Bremer Werk des Stahlkonzerns Arcelor Mittal, der Fernleitungsnetzbetreiber Gasunie und der Übertragungsnetzbetreiber Tennet sowie der mittelständische Fahrzeugbauer Faun aus Osterholz-Scharmbeck.

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"Wir haben in Norddeutschland die besten Voraussetzungen, um Wasserstoff als integralen Bestandteil in das Energiesystem einzubinden", sagte EWE-Vorstandschef Stefan Dohler. Der Konzern bringt in den Verbund das Bremer Projekt "HyBit" von SWB und Arcelor Mittal zur Produktion von grünem Stahl ein. Am Bremer Kraftwerksstandort Mittelsbüren soll dafür eine Elektrolyseanlage mit 24 MW Leistung entstehen (energate berichtete). Der Stahlstandort biete einen sicheren Absatzmarkt für den erzeugten Wasserstoff. Für Reiner Blascheck, Vorstandschef von Arcelor Mittal Bremen, bietet das Projekt "Clean Hydrogen Coastline" einen wichtigen Startpunkt, um im Jahr 2026 die klimaneutrale Herstellung von Stahl aufzunehmen. "Wir benötigen dazu eine funktionierende Versorgung mit Wasserstoff zu wirtschaftlichen Kosten, damit wir den Stahlstandort dauerhaft wettbewerbsfähig halten können", so Blaschek.

12.000 Brennstoffzellenfahrzeuge bis 2026

Daneben ist auch die Mobilität Thema der Wasserstoffkooperation. "Wir haben bereits umfangreiche Erfahrungen bei der Ausrüstung von Abfallsammelfahrzeugen mit Brennstoffzellensystemen gemacht. Eine Übertragung auf weitere Nutzfahrzeuge im Waren- und Gütertransport ist daher unser erklärtes Ziel", sagte Patrick Hermanspann, CEO der Faun-Gruppe. Innerhalb des Projekts will das Unternehmen, das auf Müllfahrzeuge und Kehrmaschinen spezialisiert ist, seine Fertigung erweitern, um bis 2026 bis zu 12.000 Brennstoffzellenfahrzeuge in Betrieb bringen zu können. Gemeinsam mit EWE plant Faun begleitend dazu den Aufbau eines dezentralen Tankstellennetzes.

Gasunie Deutschland beteiligt sich mit dem Vorhaben "HyPerLink" an dem Gemeinschaftsprojekt. "Bis zum Jahr 2025 wollen wir über unsere Ferngasleitungen eine Verbindung wichtiger Produktions- und Speicherstandorte mit relevanten Absatzmärkten schaffen, und zwar in Niedersachsen, in Bremen und Hamburg", sagte Jens Schumann, Geschäftsführer des Fernleitungsnetzbetreibers. Das Vorhaben sei ein wichtiger Bestandteil der europäischen Backbone-Pläne zur Schaffung eines europäischen Basisnetzes für Wasserstoff zwischen den Niederlanden, Deutschland und Dänemark. Ins Coastline-Projekt integriert werden außerdem Pläne, einen Kavernenspeicher der EWE in Huntorf auf Wasserstoff umzurüsten.

Potenzial von mehr als 2.200 MW Elektrolysekapazität

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"Grüner Wasserstoff sollte dort produziert werden, wo Strom aus erneuerbaren Energien erzeugt wird", betonte Tennet-Geschäftsführer Tim Meyerjürgens. Das vermeide unnötig große Stromflüsse und helfe dabei, den Ausbau der Stromnetze zu begrenzen. Aufgrund der hohen regenerativen Erzeugungskapazitäten sei es in Nordwestdeutschland möglich, Elektrolyseanlagen im großen Maßstab systemdienlich einzubinden. "Wir können bis 2026 Produktionskapazitäten von bis zu 400 MW schaffen", schätzte EWE-Chef Dohler. Das Potenzial liege noch deutlich höher. Allein aus der Stahlproduktion in Bremen und durch die Versorgung der 12.000 Brennstoffzellenfahrzeuge ergebe sich ein Absatzpotenzial von mehr als 2.200 MW Elektrolysekapazität. Mit ihrem Verbundprojekt haben sich die Unternehmen beim Bundeswirtschaftsministerium um Fördermittel als Projekt von gemeinsamem europäischem Interesse (IPCEI) beworben (energate berichtete). /tc

Portrait von Thorsten Czechanowsky
Thorsten Czechanowsky
Redakteur

Kind des Ruhrgebiets und seit 2001 als Redakteur bei energate. Seit 2018 Teil des Teams Gas & Wärme. Davor zwei Jahre lang als Nordkorrespondent in Bremen.

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