Brüssel (energate) - Im EU-Parlament regt sich Widerstand gegen die von der EU-Kommission geplanten Entflechtungsvorschriften für Wasserstoffnetzbetreiber. Das ist einem Berichtsentwurf zur EU-Gasmarktrichtlinie des EU-Abgeordneten Jens Geier (SPD) zu entnehmen, der der Redaktion vorliegt. Zum einen geht es in der Neuauflage der Richtlinie um das Unbundling von Wasserstoffnetzen in den Händen von Konzernen, bei denen die Produktion von Wasserstoff Teil des Geschäftes ist ("vertikales Unbundling"), zum anderen um das Unbundling von Wasserstoffnetzen, die Fernleitungsnetzbetreiber (FNB) oder Verteilnetzbetreiber (VNB) besitzen ("horizontales Unbundling").
Kritik am vertikalen Unbundling von H2-Netzbetreibern
Laut Artikel 62 (Trennung von Netz und Vertrieb) des Richtlinienentwurfs darf ein Gaskonzern, und damit der zu ihm gehörende Fern- oder Verteilnetzbetreiber ab 1. Januar 2031 kein Wasserstoffnetz besitzen und betreiben. Ab dann muss das Netz eigentumsrechtlich entflochten sein. Das heißt, ein Wasserstoffnetz müsste vorher veräußert werden. Den Termin für das Ownership-Unbundling begründet die EU-Kommission damit, dass der Wasserstoffmarkt erst aufgebaut und ein günstiges Investitionsumfeld für H2-Netze geschaffen werden muss, weshalb das vertikale Unbundling von H2-Netzbetreibern in zwei Phasen stattfinden soll, nämlich vor und nach 2030.
Übergangsweise, das heißt bis zum 31. Dezember 2030, sollen die Wasserstoffnetze als unabhängige Netzbetreiber (ITO) im Konzernverbund bleiben dürfen. In dieser Form müssen sie sich lediglich in Namen und Außenauftritt komplett von den Handelsaktivitäten der Konzernmutter abgrenzen. Weil für Stadtwerke das ITO-Modell nicht infrage kommt, müssten sie sich bereits mit Wirkung der Richtlinie von ihren Wasserstoffnetzen trennen.
Der Berichterstatter Geier änderte den Titel des Artikels "Entflechtung der Wasserstoffnetzbetreiber" in "Entflechtung der Wasserstoff-Fernleitungnetzbetreiber", wodurch die H2-Netze von Verteilnetzbetreibern - nicht aber die von Fernleitungsnetzbetreibern - von dieser vertikalen Entflechtungsregel ausgenommen wären. Auch strich er die Befristung des ITO-Modells, wodurch Wasserstoffnetze von FNB in deren Eigentum verbleiben könnten. Es sei nicht einzusehen, warum das ITO-Modell bei Wasserstoffnetzen nur befristet angewendet werden dürfe, schreibt Geier als Begründung. Es habe sich im dritten Erdgaspaket als ebenso wirksam erwiesen wie das Ownership-Unbundling. Dem ITO-Modell ein Ende zu setzen, sei überdies für den Wasserstoffhochlauf nicht sinnvoll, insbesondere in den Mitgliedstaaten, wo es die übliche Entflechtungsform sei.
Kritik auch am horizontalen Unbundling von H2-Netzbetreibern
Laut Artikel 63 (Trennung von Netz und Netz) des Richtlinienentwurfs der EU-Kommission müssen FNB und VNB ihr H2-Netz mindestens rechtlich trennen. Das heißt, Erdgasnetz und H2-Netz müssen ein jeweils eigenständiges Rechtssubjekt bilden. Hier räumt die Richtlinie keinen Übergangszeitraum ein. Diesen Artikel strich Geier gänzlich in seinem Bericht. Die Vorschrift verhindere Synergien, die beim gemeinsamen Betrieb von Gas- und Wasserstoffnetzen entstehen, begründete er seinen Vorschlag. /rl