Leipzig (energate) - Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster muss sich erneut mit der Klage des Naturschutzvereins BUND gegen das Trianel-Kraftwerk Lünen befassen. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entschieden. Der BUND prozessiert seit über zehn Jahren gegen die Genehmigungen des Steinkohlekraftwerks, dessen Bau längst erfolgt ist. Seit dem Jahr 2013 befindet sich die Anlage im Regelbetrieb. Jetzt muss das OVG Münster neu entscheiden, ob das Kraftwerk jemals hätte gebaut werden dürfen.
Das OVG Münster hatte im Jahr 2011 schon einmal eine immissionsschutzrechtliche Teilgenehmigung für das Steinkohlekraftwerk aufgehoben. Dem nachgebesserten Antrag der Trianel erteilte die Bezirksregierung Arnsberg im Jahr 2013 eine neue Genehmigung. Hiergegen legte der BUND erneut Klage ein. Diese wurde 2016 vom OVG Münster abgewiesen.
Welche Vorhaben sind zu berücksichtigen?
Der BUND argumentiert, dass im europarechtlich geschützten FFH-Gebiet Cappenberger Wälder die kraftwerksbedingten Schadstoffeinträge in Summation mit anderen Vorhaben geprüft werden müssen. Dann würde sich zeigen, dass die Schadstoffbelastungen des Kohlekraftwerks nicht zulässig sind. Die Umweltorganisation zielt dabei auf einen Kupferrecyclingbetrieb der Firma Aurubis ab. Das OVG Münster hatte entschieden, dass die Emissionen des Kupferbetriebs bei der FFH-Verträglichkeitsprüfung für das Steinkohlekraftwerk nicht zu berücksichtigen sind. Der Grund: Aurubis hatte den Genehmigungsantrag später eingereicht als die Trianel. Dass die Recycling-Anlage ihre Genehmigung vor dem Kohlekraftwerk erhalten hat, spiele keine Rolle. Dem hat das Bundesverwaltungsgericht jetzt widersprochen. Bei der Einbeziehung weiterer Vorhaben in die FFH-Verträglichkeitsprüfung seien grundsätzlich alle Projekte zu berücksichtigen, für die eine Genehmigung bereits erteilt worden ist, teilte das Gericht mit. Der vom OVG Münster gewählte Ansatz verstoße gegen unionsrechtliche Vorgaben.
"Wir begrüßen die Aufhebung des OVG-Urteils, weil damit unsere Auffassung in Bezug auf die erforderliche Einbeziehung der Schadstoffeinträge bereits früher genehmigter Vorhaben bestätigt wurde", kommentierte Thomas Krämerkämper, stellvertretender NRW-Landesvorsitzender des BUND, die Entscheidung aus Leipzig. Aus Sicht des Naturschutzvereins hat das Urteil "höchste Relevanz" für weitere Klagen. So liegt laut BUND den Genehmigungen für das Eon-Kraftwerk Datteln 4 der gleiche Rechtsfehler zugrunde.
Keine verschärften Kriterien für Stickstoffeintrag
Die Trianel schaut ihrerseits der Neuverhandlung am OVG Münster optimistisch entgegen. Das Urteil sei so erwartet worden, sagte ein Unternehmenssprecher auf energate-Anfrage. Das Bundesverwaltungsgericht habe sich ausführlich mit dem Sachverhalt befasst und die Genehmigungsfähigkeit des Kraftwerks nicht angezweifelt. "Wir sind zuversichtlich, dass jetzt abschließend geklärt wird, welche Vorhaben zu berücksichtigen sind." Für eine Genehmigung des Kraftwerks spricht auch, dass das Bundesverwaltungsgericht klargestellt hat, dass die verschärften Kriterien für den Stickstoffeintrag nicht rechtens sind, die das OVG Münster angesetzt hat. Es bestehe auch bei kumulativen Belastungen kein Anlass, das "naturschutzfachlich allgemein anerkannte projektbezogene Abschneidekriterium von 0,3 kg/N/ha/a" zu modifizieren, heißt es in der Mitteilung des Bundesverwaltungsgerichts. Das OVG hatte den Wert um die Hälfte abgesenkt - das Trianel-Kraftwerk auch den damit deutlich verschärften Grenzwert eingehalten.
Gegen die Genehmigung des Kohlekraftwerks ist noch eine weitere, wasserschutzrechtliche Klage des BUND beim Verwaltungsgericht Gelsenkirchen anhängig. Hier hieß es, die Richter würden weitere Hinweise aus dem Bundesverwaltungsverfahren in Leipzig abwarten. Sowohl Trianel als auch der BUND bestätigten, dass es mit der Veröffentlichung der schriftlichen Urteilsbegründung noch mehrere Monate dauern kann. Maximal vier Monate haben die Richter dafür Zeit. /tc