Berlin (energate) - Die Präsidentin des Bundesverbandes Erneuerbare Energie (BEE), Simone Peter, fordert für die Erneuerbarenbranche einen Sitz in der Kohlekommission. Sie verlangt im Interview mit energate, 7.000 MW Kohlekapazitäten abzuschalten und den Strukturwandel sozial und wirtschaftlich einzubetten.
energate: Frau Peter, was sind Ihre Erwartungen an die sogenannte Kohle-Kommission?
Peter: Wir erwarten vor allem, dass die Kommission zügig ihre Arbeit aufnimmt und die verschiedenen Akteursgruppen vertreten sind. Es geht darum, einen planbaren Kohleausstieg zu organisieren, der eine breite gesellschaftliche Akzeptanz findet. Wichtig ist, dass die Kommission das Klimaziel für 2020 noch anvisiert - als Grundlage für die weiteren Zwischenziele und als Signal: Jetzt geht es los! Es muss gelingen, den Strukturwandel gemeinsam mit den Menschen in den Regionen zu organisieren und den Weg von den fossilen zu den erneuerbaren Energien aufzuzeigen.
energate: Die Erneuerbaren-Branche beansprucht also einen Platz in der Kommission?
Peter: Ja! Die Erneuerbaren-Branche muss da selbstredend eingebunden sein. Durch unsere Spartenverbände und Akteure begleiten wir schon jetzt ganz konkret den Umbau in den Regionen. Es wäre klug, dieses ökonomische Know-how zu nutzen.
energate: Wirtschaftsminister Peter Altmaier erklärte jüngst, die Kohleverstromung müsse bis 2030 um 50 Prozent schrumpfen, um die langfristigen Klimaziele zu erreichen. Reicht das?
Peter: Ein Energiewende-Land kann kein Kohle-Land sein. In den nächsten Jahren müssen die Weichen für die Klimaschutzziele 2030 und 2050 gestellt werden und die Koalition will 65 Prozent Ökostrom bis 2030 erreichen. Da braucht es einen ambitionierten Kohleausstieg in einer Größenordnung von mindestens 7.000 Megawatt bis 2020. Die Versorgungssicherheit bleibt dabei gewährleistet, weil mehr Ökostrom dazukommt, ebenso Speicher, Netzausbau und die Kopplung der Sektoren Strom, Wärme und Verkehr. Außerdem sind wir in den europäischen Binnenmarkt eingebunden.
energate: Sie wollen über 7.000 MW Kohle abschalten: Denken Sie da an Ordnungsrecht oder ein Zückerchen für die Kraftwerksbetreiber?
Peter: Die Zeit drängt. Das erste Halbjahr kann vorbei sein, bevor sich die Kommission konstituiert hat. Aber es muss frühzeitig für alle Akteure klar sein, welche Richtung die Große Koalition einschlägt. Auf das Ordnungsrecht können wir nicht verzichten, um den Ausstieg rechtssicher zu organisieren; das lehrt uns der Atomausstieg. Der BEE schlägt neben den Abschaltungen vor, die vorläufig verbleibenden Kraftwerke über ein Volllaststunden-Modell zu begrenzen, das die Betreiber flexibel bewirtschaften können.
energate: Minister Altmaier betonte, dass Ostdeutschland wirtschaftlichen Nachholbedarf hat. Das klingt, als sollten zuerst die Braunkohle-Kraftwerke im Rheinland vom Netz. Ist das sinnvoll?
Peter: Die dreckigsten Kraftwerke müssen zuerst vom Netz, sonst verfehlen wir die Klimaziele 2020 krachend. Energiewirtschaftlich ist es vorteilhaft, zuerst in der Lausitz rauszugehen, weil dort die Entlastung beim Redispatch am größten ist. Aber letztlich muss man sich alle Kohle-Regionen anschauen und den Strukturwandel sozial, ökologisch und ökonomisch begleiten.
Die Fragen stellten Christian Seelos und Gerwin Klinger. Hier geht es zu Teil 2 des Interviews.