Berlin (energate) - Die Koalitionsverhandlungen im Bereich Energie und Klima laufen zäh. Besonders um die Steueranreize zur energetischen Gebäudesanierung, die CO2-Bepreisung und die Sektorkopplung wird gerungen. Das machte Thorsten Herdan, der als Abteilungsleiter Wärme und Energieeffizienz im Bundeswirtschaftsministerium mit dem Verhandlungsverlauf vertraut ist, bei der "Deutschen Wärmekonferenz 2018" in Berlin deutlich. "Die Anreize für die energetische Sanierung sind gesetzt, es fehlt noch die Abschreiberegelung für das Gewerbe", sagte er. Die große Frage sei, ob die Steueranreize zusätzlich oder alternativ zur bestehenden KFW-Förderung und zum Marktanreizprogramm kommen. Die Großkoalitionäre werden aber genug Geld bereitstellen, "um die Gebäudesanierung nach vorne zu bringen", ist er überzeugt.
Die Aktivierung des Wärmemarkts ist seines Erachtens vordringlich. Deutschland habe gerade sein EU-Klimaziel für 2020 verfehlt. Wenn sich das 2030 nicht wiederholen soll, müsse Deutschland seine CO2-Emissionen bei der Wärme, im Verkehr und in der Landwirtschaft um 120 Mio. Tonnen reduzieren. "Das entspricht den Emissionen des gesamten Gebäudebereichs und ist verbindliches europäisches Rechts, das erfüllt werden muss", so Herdan. Zugleich rückte er von der Vorstellung einer All-electric-World ab. Der gesamte deutsche Endenergieverbrauch liege bei 2.500 Mrd. kWh, die Erneuerbaren-Erzeugung hingegen nur bei 150 Mrd. kWh. Wer die 2.500 Mrd. kWh allein mit Wind- und Solarenergie erfüllen will, wird nicht weit kommen. "Wir haben keinen Erneuerbaren-Überschuss, wir haben zu wenig und kriegen das noch nicht einmal zum Kunden", so Herdan.
Kohle-Ersatz wichtiger als Power-to-Gas
Vor diesem Hintergrund sieht der Ministeriumsvertreter auch Power-to-Gas-Lösungen vorerst skeptisch. "Der Erneuerbaren-Strom wird vollständig gebraucht, um Kohle zu ersetzen, nicht für den Wasserstoff-Sektor", sagte er. Herdan zweifelt, dass die Koalitionäre die Kraft aufbringen, eine CO2-Steuer oder einen CO2-Mindestpreis für die nicht vom Emissionshandel erfassten Sektoren einzuführen. Es sei aber klar, dass bei einem Gaspreis von 4,2 Cent/kWh und einem Strompreis von 24 Cent/kWh eine Abgabenreform zwingend sei. Diese dürfe auch nicht mit Blick auf die Landtagswahlen in Bayern verzögert werden (energate berichtete). "Jeder Minister, der das nicht anfasst, wird scheitern", meinte er. Weiter gehöre auch das Gebäudeenergiegesetz und die Verknüpfung der Förderstrategien für Energieeffizienz und Erneuerbare auf die Agenda.
Die deutsche Heizungswirtschaft interveniert mit einem Forderungskatalog in die Koalitionsverhandlungen. Bei Sanierungen privaten Wohnungseigentums sollten 30 Prozent der Investitionen bei Einreichung von Handwerkerrechnungen über drei Jahre absetzbar sein, fordern der Bundesverband der Deutschen Heizungswirtschaft, der Zentralverband Sanitär, Heizung, Klima und der Deutsche Großhandelsverband Haustechnik. Die Förderung für Heizsysteme müsse technologieoffen gestaltet werden und dürfe die fossile Brennwerttechnik nicht ausschließen. Eine CO2-Bepreisung im nationalen Alleingang lehnen die Verbände ab. /gk