24.10.23, 17:02 von Peter Martens

Wien (energate) - Die APG kündigt ein neun Mrd. Euro schweres Investitionsprogramm in die Stromnetze an. Gleichzeitig übt der Übertragungsnetzbetreiber deutliche Kritik an bestehenden Gesetzen und Regularien. "Mit dem Ausbau der Erneuerbaren ist unser heutiges Netz an seiner Kapazitätsgrenze angelangt. Wenn der Ausbau der Netze nicht gelingt, können die grünen Elektronen nicht fließen", betonte Technikvorstand Gerhard Christiner bei einem Mediengespräch in Wien.

Netzinfrastrukturplan sieht vierfache Leistung bei Erneuerbaren vor

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Laut den Zielen des Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzes (EAG) und des integrierten österreichischen Netzinfrastrukturplans (ÖNIP) wird sich der Stromverbrauch bis 2040 auf 125 TWh nahezu verdoppeln. Dafür muss sich die installierte Leistung von Wasserkraft, Windkraft und Photovoltaik von aktuell 15.000 MW auf rund 60.000 MW vervierfachen. Die Netze seien diesen Anforderungen nicht gewachsen, so Christiner.

Bereits heute müssen daher Wasserkraftwerke und Windkraftwerke abgeregelt werden, um Überlastungen zu vermeiden. Auch fehlen laut APG starke Leitungen zwischen dem Westen und dem Osten Österreichs. Im Westen verfügen Pumpspeicher über eine Kapazität von rund 7 GW, im Osten kommen die Windkraft und die Photovoltaik auf rund 20 GW - und die "gesicherte Übertragungskapazität bei optimalen Bedingungen" dazwischen auf lediglich 3 GW.

Plan für 900 Kilometer Ausbau und Verstärkung

Als Antwort darauf legt die APG den gesetzlich vorgeschriebenen Netzentwicklungsplan vor, den die Regulierungsbehörde E-Control nun bis Ende 2023 prüft. Der Kern sind Investitionen von neun Mrd. Euro für den Zeitraum bis 2034. Die Pläne sehen eine Verstärkung oder den Neubau von Netzen zwischen dem Westen und dem Osten vor, davon auf der 380-kV-Ebene rund 500 Kilometer und auf der 220-kV-Ebene rund 400 Kilometer.

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Die Zahl seiner Umspannwerke will der Netzbetreiber von heute 65 auf künftig 90 erhöhen und auch die Anzahl der Trafos auf 165 mehr als verdoppeln. "Damit ermöglichen wir den physikalischen Anschluss und die digitale Steuerung von rund 500.000 Produktionsanlagen", so Christiner.

Kosten von Redispatch auf Rekordhöhe

Wegen fehlender Netze und wachsender Schwankungen in der Erzeugung belaufen sich bei der APG die Ausgaben für Redispatch in den ersten neun Monaten auf 125 Mio. Euro. Für das Gesamtjahr rechnet der Netzbetreiber mit 150 Mio. Euro und damit einem neuen Rekord. Zum Vergleich: Im Vorjahr musste die APG für Engpassmanagement 94 Mio. Euro ausgeben. Die Schwankungen im Netz nehmen auch überregional zu. Deutsche Netzbetreiber haben im vergangenen Jahr 642 Mio. Euro für Redispatch an österreichische Kraftwerksbetreiber gezahlt.

Zugleich fügt die vor fünf Jahren erfolgte Auftrennung der gemeinsamen deutsch-österreichischen Stromhandelszone dem Standort weiter erheblichen Schaden zu. Den Preisunterschied zu Deutschland beziffert die APG für das Vorjahr mit 26 Euro/MWh, was demnach Mehrkosten von 2 Mrd. Euro verursacht hatte. /pm

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Peter Martens
Redakteur

Bei energate seit 2019 und in Österreich seit 2008 - zunächst in der Wirtschaftsredaktion der "Presse", danach beim "Industriemagazin".

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