27.09.23, 17:15 von Peter Martens

Wien (energate) - Im Sommer 2023 ist es mehrmals zu Herunterregelungen von Donaukraftwerken gekommen. Auch wenn dieses Phänomen nur in Ausnahmesituationen auftrete, habe es das bis vor wenigen Jahren noch gar nicht gegeben, erklärte Klaus Hebenstreit von Verbund im Gespräch mit energate. Hebenstreit ist Leiter für Asset Planning bei Verbund Energy4Business. Diese Gesellschaft ist für die Steuerung von Kraftwerken, den Großhandel und Industriekunden zuständig. Das Gespräch fand im Vorfeld der Verbund-Konferenz "Inspire" in St. Wolfgang statt.

Viel Erzeugung mit Wind und PV - niedriger Verbrauch

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Grund für die Herunterregelungen war an einzelnen Tagen ein Ungleichgewicht bei der hohen Erzeugung mit Windkraft und Photovoltaik einerseits und einer niedrigen Stromnachfrage andererseits. Diese Konstellation gab es beispielsweise am 15. August, einem Dienstag. An diesem sommerlichen, aber auch windigen Tag produzierte Photovoltaik in Österreich mit einer Leistung von mehr als 2.000 MW und Windkraftanlagen mit mehr als 1.000 MW. Gleichzeitig war der Strombedarf an diesem Tag eher bescheiden - und alle Stromspeichermöglichkeiten ausgereizt.

Herunterregelung an vier Donaukraftwerken

Die APG, die zum Verbund gehört, aber rechtlich unabhängig agiert, ist als Regelzonenführer für die Balance im Stromnetz Österreichs zuständig. An diesem Tag veranlasste sie bei ihrer eigenen Konzernmutter eine Herunterregelung an vier Donaukraftwerken. "Ob die APG weitere Kraftwerke hat herunterregeln lassen, wissen wir nicht und dürfen wir nicht wissen", so Hebenstreit. Möglich wäre das nicht nur bei Wasserkraftwerken, sondern auch bei größeren Wind- und PV-Parks, die in höhere Netzebenen einspeisen.

Bei der Wasserkraft bedeutet eine solche Abregelung nicht, dass ein gesamtes Kraftwerk die Erzeugung stoppt. Sondern es wird ein Teil des Wassers durch das Wehr anstatt durch die Turbinen geleitet. Trotzdem habe der Eingriff bei den vier Donaukraftwerken insgesamt der Leistung eines ganzen mittelgroßen Donaukraftwerks entsprochen, so Hebenstreit. Zur Einordnung: Diese Anlagen haben Leistungen zwischen 150 und 320 MW.

"Dreieck aus Erzeugung, Netzen und Speichern"

Verbund hat von der APG für die Maßnahme - wie das rechtlich üblich ist - eine Abgeltung bekommen. "Aber diese Abgeltung ist wirtschaftlich uninteressant. Unser Geschäftsmodell ist es, Energie zu erzeugen und nicht, die Erzeugung zu stoppen", so der Manager.

Solche Eingriffe sind heute selten, aber sie dürften in Zukunft häufiger werden. Hebenstreit betont in dem Zusammenhang, dass beim Ausbau nicht nur die Erzeugung, sondern auch höhere Netzkapazitäten und mehr Speicher wichtig seien: "Wenn das Gleichgewicht in diesem Dreieck nicht gegeben ist, werden solche Fälle zunehmen." /pm

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Peter Martens
Redakteur

Bei energate seit 2019 und in Österreich seit 2008 - zunächst in der Wirtschaftsredaktion der "Presse", danach beim "Industriemagazin".

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