Man könnte die Ausgabe auch mit „Erdgas die neue Kohle?“ übertiteln. Die Frage nach dem Raum für Erdgas als Übergangstechnologie wird doch zunehmend intensiver in Deutschland und Europa diskutiert. Damit hängt auch zusammen, welche Rolle erneuerbare Gase und grüner, blauer oder türkiser Wasserstoff als mögliche Nachfolgeprodukte von Gas wirklich spielen werden. Ich fand es sehr beeindruckend, wie direkt und mit großer Nachdenklichkeit der VNG-Vorstandsvorsitzende Ulf Heitmüller das Thema in seinen Ausführungen während der VNG-Bilanzpressekonferenz ansprach. Denn er sieht dadurch im Grunde die Zukunft des Unternehmens, das er leitet, gefährdet: „Durch die Diskussionen steht unsere ‚License to operate‘ infrage“, sagte er wörtlich. Heitmüller neigt in der Regel nicht zu Übertreibungen, er ist ein eher nüchterner Analytiker. Die Diskussion spiegelt sich in der Ausgabe auch in längeren Artikeln über die EU-Verordnungen „TEN-E“ und „Taxonomie“ wider. Beide Verordnungen sind nicht wirklich brandaktuell, aber die Diskussionen über ihre technische, detaillierte Ausgestaltung gehen in eine finale Phase. Das gemeinsame Thema beider Verordnungen ist die EU-Unterstützung der Finanzierung von Investitionen in nachhaltige Energie-Assets. Und gemäß beiden Verordnungen ist dies in Zukunft für Investitionen in Erdgasaktivitäten höchstens sehr eingeschränkt der Fall. Wobei die Verabschiedung einer Definition von nachhaltigen Erdgasaktivitäten in der Taxonomie-Verordnung aufgrund der hitzigen europäischen Debatten sogar verschoben werden musste.
Weniger pessimistisch sehen dies offensichtlich eine Reihe von Investoren und potenziellen Investoren in Erdgasnetze. Im April wurde der Verkauf der Ferngas Netzgesellschaft abgeschlossen, der Käufer hat wohl das Unternehmen sehr hoch bewertet. Und bei OGE gibt es viel Phantasie. Einer der Anteilseigner will verkaufen, dabei wurde als Zielgröße wohl ein Kaufpreis für das gesamte Unternehmen von sechs Mrd. Euro aufgerufen. Die derzeitigen Eigentümer haben 3,2 Mrd. Euro bezahlt. Wasserstoff beflügelt dann doch, auch in dieser Ausgabe ist das Thema wieder sehr prominent vertreten.
Zur guten Tradition gehört mittlerweile schon fast die bilaterale Bilanzpressekonferenz mit Michael Rimmler, dem Geschäftsführer der GasVersorgung Süddeutschland (GVS). Böse könnte man sagen, GVS ist auch so ein Auslaufmodell, da auf Erdgas fokussiert. Das sieht Rimmler natürlich anders, auch GVS wird grüner, aber auch digitaler, wie er im Gespräch erläutert.
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