Natürliche Sprachverarbeitung erleichtert den Umgang mit Datenanalysen | emw.trends

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VON HENRIK JORGENSEN – TABLEAU SOFTWARE, FRANKFURT A. M.

Neue Energiequellen, neue Netze, neue Wettbewerber, ein sich wandelnder Markt und volatile Abnehmer – die Energiewirtschaft befindet sich in einer Umbruchphase. Neuausrichtung, Vernetzung und Modernisierung bringen eine zusätzliche Flut an Daten mit sich. Egal ob Mess-, Prozess-, Anlagen- oder Kundendaten – für Energieunternehmen wird es immer wichtiger, das volle Potenzial aus ihren Daten zu holen. Die Verarbeitung von Abfragen in natürlicher Sprache (Natural Language Processing – NLP) kann insbesondere für Nicht-Experten die Datennutzung vereinfachen und so dem Unternehmen helfen, sich von der Konkurrenz abzuheben.

Ein wichtiger Faktor, um im Wettbewerb zu bestehen, ist die Generierung von Mehrwerten aus Daten. Unternehmen aus dem Energiesektor suchen daher nach neuen Wegen, wie sie ihre Daten zur Verbesserung interner Prozesse oder für neue innovative Geschäftsideen nutzen können. Je mehr Mitarbeiter sich für eine datengetriebene Unternehmenskultur begeistern und eigenständig Daten analysieren können, desto schneller kann der Wandel stattfinden. Gerade Selfservice-Data Analytics helfen Unternehmen dabei, mögliche Abhängigkeiten von der IT- oder Business Intelligence- Abteilung zu verringern und jeden Einzelnen für das Ziel zu begeistern, die Ihm zur Verfügung stehenden Daten zu nutzen, sie auszuwerten und im Sinne des Unternehmens einzusetzen.

NLP erleichtert Nicht-Experten den Umgang mit Daten
NLP – das Steuern von Computern über Sprache, hat sich insbesondere in den vergangenen Jahren zügig weiterentwickelt. Eine aktuelle Studie von Deloitte (State of AI in the Enterprise) weist darauf hin, dass NLP inzwischen von 61 Prozent der befragten deutschen Unternehmen angewendet wird.

Die Verarbeitung natürlicher Sprache hält nun auch Einzug im Bereich Datenanalysen. So können Anwender sich regelrecht mit den Daten unterhalten, etwa mittels schriftlicher Fragen, um neue Erkenntnisse zu gewinnen. Auf diese Weise lassen sich Einstiegsbarrieren senken und immer mehr Menschen erhalten so die Möglichkeit, mit ihren Daten zu interagieren.

in Beispiel, wie das Ganze in Software umgesetzt aussieht, zeigt das Feature Ask Data von Tableau. Die Funktion erlaubt es grundsätzlich, jede Frage zu den Daten in natürlicher Sprache zu stellen. Anwender müssen nicht länger ihre Denkweise ändern und sich der Software anpassen. Tatsächlich ist es umgekehrt. Anspruchsvolle Algorithmen sind in der Lage, Absichten hinter einer Frage zu erkennen. So lassen sich analytische Erkenntnisse – unabhängig vom jeweiligen Kompetenzniveau – gewinnen, denn Mitarbeitern fällt es leichter, auf natürliche Weise mit ihren Daten zu interagieren und daraus entsprechendes Wissen abzuleiten.

Ablauf der NLP-basierten Abfrage
Für die Player auf dem Weg zur Energiewelt der Zukunft – egal ob Energieerzeugung, -handel oder -vermarktung – wird das Sammeln, Verarbeiten und Analysieren von Daten ein immer wichtigerer Bestandteil der täglichen Arbeit. Es gilt, die Datenflut gewinnbringend und intelligent zu nutzen.

Wie haben sich die Gaspreise und -lieferungen in den vergangenen Wochen entwickelt? Welcher Anteil an erneuerbaren Energien ist im Netz vorhanden? Wie stark sollten Kraftwerke hoch- oder runtergeregelt werden? Wie hoch ist unser Strompreis im Vergleich zum Wettbewerb?

Diese oder ähnliche Fragen können nun basierend auf NLP wie bei einem natürlichen Dialog – zunächst noch schriftlich – an die Daten gestellt werden. Und so funktioniert es: Es werden nicht nur einzelne Keywords der Frage erkannt, sondern die Software versteht auch den Kontext der Frage. Formuliert ein Sales-Mitarbeiter bei-spielsweise Folgendes: „Zeige mir die deutschen Verkaufszahlen meiner aus Wasserkraft erzeugten Energie“, ist dem Programm klar, dass verschiedene Filter wie „Produktkategorie“ oder „Land“ anzuwenden sind. Dazu wird statistisches Knowhow zu einer Datenquelle mit Kontextdaten über reale Sachverhalte kombiniert: „Wasserkraft“ ist ein häufiger Wert für das Feld „Produktkategorie“, und „deutsch“ ist ein Synonym für „Deutschland“. Aufgrund der inhärenten Verarbeitung von Synonymen lassen sich für ein und dasselbe Feld verschiedene schriftliche Eingaben machen wie beispielsweise „Umsatz“ oder „Bestellungen“.

Oder, um ein weiteres Beispiel zu nennen: Fragt ein Mitarbeiter nach dem „durchschnittlichen Strompreis nach Region“, sucht das Analysesystem nicht nur nach Strompreisen, sondern weiß darüber hinaus, dass es nach Region aggregieren und den Durchschnittswert anzeigen muss.

Vorteilhaft ist ebenfalls, dass sich ganz wie bei einem Gespräch unter Mitarbeitern mit Folgefragen anschließen lässt. Eine häufig gestellte Frage ist zum Beispiel: „Zeige mir die Verkaufszahlen an Privatkunden von diesem Quartal.“ Die Antwort wird als visuelles Dashboard angezeigt. Dann lässt sich unmittelbar ergänzen: „Und von letztem?“ Die intelligente Lösung versteht, dass es sich dabei um eine Anschlussfrage handelt, die sich gleichermaßen auf „Verkaufszahlen“ und „Quartal“ bezieht. So müssen Fragen nicht mühsam wiederholt oder in Kontext gesetzt werden. Das spart Zeit und erhöht den Spaß im Umgang mit Daten.

Einsatz im Energiebereich
Selfservice-Analytics und neue Anwendungen wie NLP ermöglichen es mehr und mehr Mitarbeitern in Unternehmen der Energiebranche, Daten geschäftsfördernd einzusetzen. Der Trend zum umfassenden Einsatz von Datenanalysen wird daher nicht zuletzt dank dieser technologischen Innovationen auch im Energiesektor an Popularität gewinnen. Das enorme Potenzial der Daten hat beispielsweise die Uniper SE erkannt. Das Unternehmen hat nicht nur sein Data Warehouse auf einen globalen, Cloud-basierten Data Lake umgestellt, sondern die Data Analytics-Plattform Tableau umfassend eingeführt. Inzwischen verwenden über 30 Uniper- Abteilungen – darunter IT, Risikomanagement, Handel, Energieerzeugung, Einkauf, Vertrieb und Beschaffung – Datenanalysen für verschiedenste Analysen und Berichte.

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