Interview mit Oxygen-Technologies-CEO Gregor Rohbogner | blue oceans

Das Freiburger Start-up Oxygen Technologies hat eine Softwareplattform entwickelt, mit der Energieversorger ihren Kunden Eigen- und Mieterstromoptimierung sowie Community-Strom anbieten können. Im Interview spricht Oxygen-Technologies-CEO Gregor Rohbogner über die Plattform, die regulatorischen Rahmenbedingungen und die weiteren Pläne des Unternehmens.

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Oxygen Technologies hilft Energieversorgern mit Lösungen bei der Digitalisierung des Energiemarktes. Wie digital sind denn die Unternehmen in der Branche überhaupt?

Rohbogner
Der heutige Digitalisierungsgrad war für ein fossiles Energiezeitalter mit einfacher Wertschöpfungskette pro kWh vom Großproduzenten zu reinen Verbrauchern ausreichend. Jedoch stehen die Energieversorger und die gesamte Branche mit dem Wandel hin zu Millionen dezentraler Energieanlagen und den damit verbunden Änderungen ganz am Anfang der Digitalisierung und vor allem der Automatisierung. Erste Akteure ermöglichen Verbrauchern inzwischen, online ihre Rechnung einzusehen. Das ist natürlich nur der Startschuss. Mit immer mehr Prosumern muss die Kundenabwicklung abteilungsübergreifend funktionieren. Nicht mehr die Energie steht bei der Wertschöpfungskette im Fokus, sondern die Leistung, also das Kilowatt. Um unter anderem virtuelle Kraftwerke aufzubauen und Prosumern eine attraktiven Kundensupport anbieten zu können, brauchen EVU auch Monitoring- und Remote-Steuerungssysteme für die Energieanlagen. Für diese Herausforderung gab es bislang noch keine IT-Systeme.

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Auf Ihrer Plattform bieten Sie Energieversorgern White-Label Lösungen für Eigenstromoptimierung, Mieterstrom und Community-Strom an. Wie funktioniert das genau?

Rohbogner
Die Plattform ELEMENTS ist modular aufgebaut. Das bedeutet: Der Kern von ELEMENTS übernimmt die kommunikationstechnische Anbindung der Energieanlagen in die Cloud, unabhängig vom Energieanlagenhersteller und sektorübergreifend – sprich auch Wärmesysteme sind eingebunden. Auf dieser Basis können verschiedene Mehrwert-Dienste als ELEMENTS-Software-Module ausgeführt werden. Lösungen für Eigenstromoptimierung, Mieterstromoptimierung und Community-Strom gibt es schon heute. Die automatisierungstechnische Basis bleibt mit ELEMENTS für alle Lösungen gleich, auch für ein künftiges Peer-to-Peer-Algotrading, das wir bereits am Fraunhofer ISE entwickelt haben. Energieversorger können somit ihr Portfolio flexibel an die jeweilige Marktsituation anpassen, ohne sich über die Software-Basis Gedanken machen zu müssen, da diese schon vorhanden ist.

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Wie groß ist das Interesse von Stadtwerken und Versorgern an diesen Lösungen?

Rohbogner
Die Nachfrage ist groß. Immer mehr Stadtwerke erkennen, dass sie sich vom Energieversorger zum Energiedienstleister wandeln müssen. Sie haben verstanden, dass sie ihren Gewinn nicht mehr durch den Verkauf von Kilowattstunden erwirtschaften, sondern durch das Handling von Flexibilitäten und indem sie digital lokale Produzenten und Verbraucher zusammenbringen. Mit den ersten aus der EEG-Vergütung fallenden Anlangen 2021 befindet sich der Markt am Anfang. Aber unsere Kunden bereiten sich bereits heute auf ihre neue Rolle vor. Sie bauen nicht nur im Bereich Digitalisierung, sondern auch in der Produktentwicklung und -vermarktung neues Know-how auf und entwickeln auf Basis von ELEMENTS Ihre neuen Produkte für den Endkunden.

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Der regulatorische Rahmen stammt aus einer Welt vor Strom-Communities. Behindert das Ihr Geschäft?

Rohbogner
In gewissen Teilen schon, aber wir sind hier auf einem guten Weg. Wichtig für unser Geschäftsmodell ist es beispielsweise, dass Endkunden selbst entscheiden dürfen, ob sie ihren Strom selbst verbrauchen oder ob, wie und an wen sie vermarkten möchten. Das haben auch die Verfasser der EU-Binnenmarktrichtlinien erkannt und festgehalten, daher gehen wir davon aus, dass das auch bei uns so umgesetzt werden wird. Insgesamt bin ich der Meinung, dass wir hierzulande mehr Markt und weniger Subventionen im Energiesektor brauchen. Wir sollten uns als Vorbild den Schweizer Markt nehmen und beispielsweise auf einen Investitionsbeitrag pro neu errichteter EE-Anlage setzen und die heutige EEG-Förderung und Umlage abschaffen. Die Finanzierung sollte nicht mehr an den Strommarkt gekoppelt sein, um Marktverzerrungen zu vermeiden.

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Was sind die weiteren Wachstumspläne für Oxygen Technologies?

Rohbogner
Wir sind bereits heute auf dem deutschen Markt und in der Schweiz vertreten. Diese beiden Märkte haben eine Vorreiter-Funktion und liefern einen Ausblick auf die welt - weite Entwicklung des Energiesektors. Global betrachtet (und ehrlich gesagt auch hier bei uns) stehen wir erst am Anfang des Wandels – der Markt wächst also. Und genauso wächst auch unsere ELEMENTS Plattform mitsamt Partnernetzwerk – mit Lösungen aus einer Hand für die aktuellen und künftigen Bedürfnisse unserer Kunden.

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