„Die Energiezukunft liegt in der Community“ | blue oceans

Die einen erzeugen Solarstrom auf dem Dach, die anderen verbrauchen ihn: dieses Modell ermöglicht das österreichische Start-up eFriends. Über das Konzept spricht Mitgründerin Klara Dimmel die Technologie dahinter und die weiteren Wachstumspläne.

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Sie vernetzen Betreiber von Solaranlagen mit Verbrauchern. Wie genau funktioniert das Modell?

Dimmel
Stell dir vor, dein Strom kommt von Onkel Herbert. Oder von irgendeinem anderen eFriend, der eine Photovoltaik-Anlage auf seinem Dach installiert hat. Den sauberen Sonnenstrom, den diese PV-Anlage produziert, kann Onkel Herbert nie voll nutzen. Und anstatt Onkel Herberts überschüssigen Strom einfach ungenutzt verpuffen zu lassen, fließt er direkt in dein Haus oder dei - ne Wohnung. In Echtzeit. Und ganz egal, wo in Österreich du wohnst – und wo Onkel Herbert wohnt. Möglich macht das unsere revolutionäre Technologie, bestehend aus Hard- und Software, um in Echtzeit Strom dort hin zu verteilen, wo dieser genutzt wird. Durch unsere Watch haben die eFriends jederzeit im Blick, ob gerade Strom von der Community kommt. Dadurch kann wirtschaftlich agiert werden und Geräte eingeschaltet werden, wenn günstig Energie zur Verfügung steht.

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Was treibt die Kunden an?

Dimmel
Unsere Kunden versorgen sich gegenseitig mit Strom. Unser Anliegen ist es, die Kunden mit unserer Technologie auszustatten, um dies zu ermöglichen. Dadurch werden Photovoltaikanlagen attraktiver und rechnen sich. Insbesondere Betriebe nutzen eFriends, um sich ihre Photovoltaikanlage von ihren Kunden zu finanzieren und bezahlen die Anlage mit ihren selbst produzierten Produkten. Ihre Kunden erhalten nicht nur Produkte, sondern bekommen auch den Sonnenstrom von ihrem Lieblingsbetrieb nach Hause geliefert.

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Welche Technologie steckt hinter dem e-Friends Marktplatz?

Dimmel
Ermöglicht wird das durch eine revolutionäre Sharing-Technologie, die im Haushalt jedes eFriends installiert ist – eFriend 1 (Besitzer einer PV-Anlage) speist überschüssigen Sonnenstrom ins Netz – eFriend 2 entnimmt ihn in Echtzeit, unabhängig vom Standort in ganz Österreich. Vernetzt sind die beiden über die eFriends-App, wo sie auch ihren eigenen Strompreis miteinander vereinbaren können.

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Der Energiemarkt ist europaweit stark reguliert. Gibt es dadurch Einschränkungen für Ihr Geschäftsmodell?

Dimmel
Im Gegenteil, wir sind am Puls der Zeit. Das Clean Energy Package der EU forciert Energiegemeinschaften und die Richtlinie muss nun in eine nationale Gesetzgebung umgesetzt werden. Wir haben die erste nationale Energiegemeinschaft weltweit entwickelt und sind damit Pioniere im Energy Sharing. Die Energiezukunft liegt in der Community. Eine dezentrale Energieversorgung ist unumstritten, das beweisen auch zahlreiche Awards und Preise, die eFriends erhalten hat. Nun geht es darum, die größte Energiegemeinschaft zu bleiben und diese zu skalieren, auch über die Grenzen Österreichs.

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Wie sehen die weiteren Wachstumspläne bei eFriends aus?

Dimmel
Unsere Beteiligungsprojekte haben sich als Zugpferd erwiesen. Deshalb setzen wir alle Marketing- und Vertriebsaktivitäten auf diese Projekte. Das Potenzial bei über 23.000 Direktvermarkter ist sehr groß. Dazu gehören Winzer, (Bio) Landwirte und alle Betriebe, die Gutscheine für ihre Produkte ausgeben können (z.B. Autohaus, Gasthaus oder Konditoreien). Eine Skalierung über diese Betriebe, um die Endkunden und damit viele eFriends erreichen zu können, hat sich als besonders effizient herausgestellt! Mehr und mehr Energiegemeinschaften entstehen auch auf Gemeindeebene. Kommunale Gebäude werden von Gemeindebürgern versorgt oder umgekehrt. Dadurch entsteht regionale Wertschöpfung. Der Strom bleibt im Ort.

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Welche Rolle spielt das Gewerbe?

Dimmel
Auch in Großbetrieben entstehen Energy Communities. Dadurch können Anlagen besser genutzt und mit gutem Gewissen Strom konsumiert werden. 

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