01.08.23, 13:42 von Michael Hahn

Berlin (energate) - Das Bundeswirtschaftsministerium und die Europäische Kommission haben "wichtige Fortschritte bei drei neuen Maßnahmen für Wasserstoffkraftwerke erzielt". Wie das Ministerium weiter mitteilte, bilde dies den Rahmen für die geplante nationale Kraftwerksstrategie. Die Kommission habe die beabsichtigten Maßnahmen noch nicht beihilferechtlich genehmigt. Es seien nun aber Leitplanken für die staatlichen Förderprogramme abgesteckt, damit diese dem europäischen Beihilfe- und Energierecht entsprechen. Jetzt würden eine Konsultationsphase und ein förmliches Beihilfeverfahren folgen.

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Gefördert werden drei Kraftwerkstypen: zum einen sogenannte Wasserstoff-Sprinter-Kraftwerke, also Anlagen, die aus erneuerbarem Wasserstoff Strom erzeugen. Diese sollen dort entstehen, wo eine Anbindung an die Wasserstoffinfrastruktur früh gegeben ist. Zweitens würden Wasserstoff-Hybrid-Kraftwerke finanziell unterstützt. Das Ministerium versteht darunter etwa Wind- und PV-Anlagen mit wasserstoffbasierten Stromspeichern. Diese seien dort geeignet, wo vergleichsweise spät eine Wasserstoffinfrastruktur verfügbar ist. Außerdem könnten H2-ready-Kraftwerke gefördert werden. Das sind neue oder bestehende Kraftwerke, die zunächst Erdgas verstromen, bis spätestens 2035 jedoch auf Wasserstoff umgestellt werden müssen. Jüngst hatte etwa RWE Pläne zum Bau eines solchen Kraftwerks bekannt gegeben (energate berichtete).

Knapp 24 GW an H2-Kraftwerksleistung

Insgesamt sollen so knapp 24 GW an neuer H2-Kraftwerksleistung entstehen, die Ausschreibungen beginnen 2024. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sagte, dass 8,8 GW an neuen Kraftwerken ausgeschrieben werden, die von Beginn an Wasserstoff nutzen. "Und wir wollen bis 2035 bis zu 15 GW an Wasserstoffkraftwerken ausschreiben, die vorübergehend mit Erdgas betrieben werden können, bis sie an das Wasserstoffnetz angeschlossen sind, maximal jedoch bis 2035." Zunächst sollen laut Habeck 10 GW davon bis 2026 vergeben werden. Bevor die nächsten 5 GW folgen, soll eine Evaluierung stattfinden.

Jetzt gehe es darum, so Habeck, "die Umstellung unseres Kraftwerksparks auf Wasserstoff einzuleiten und damit die Weichen für die Erreichung der Klimaneutralität des gesamten Stromsektors zu stellen". Erneuerbare Energien, Flexibilität im System und Speicherung seien die Hauptpfeiler der Dekarbonisierung, es brauche aber für einige Stunden des Jahres auch steuerbare Kraftwerke. Habeck hatte die Branche bereits zuvor aufgefordert, den Bau von wasserstofffähigen Kraftwerken auf den Weg zu bringen.

"Wichtiges Signal" für die Branche

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Entsprechend positiv reagierte diese auf die jüngste Ankündigung. Dennis Rendschmidt, Geschäftsführer des Maschinenbauverbands VDMA Power Systems, bezeichnete die Pläne als "wichtiges Signal". Jetzt müsse die beihilferechtliche Genehmigung schnellstmöglich erteilt werden. Unklar bleibe jedoch, "inwieweit in dem Ausschreibungsvolumen für konvertierbare Kraftwerke in den Jahren 2024 bis 2026 die KWK- und Biomethan-Ausschreibungen einbezogen sind".

Timm Kehler, Vorstand beim Lobbyverband Zukunft Gas, kommentierte, die nun vorliegenden Eckpunkte könnten Anreize für den Bau neuer Kraftwerke schaffen. Allerdings müssten die Details der Ausschreibungen schnell ausgearbeitet werden. "Das BMWK plant die ersten Ausschreibungen für 2024 und nicht wie ursprünglich geplant noch in diesem Jahr", so Kehler. Ohne den Bau neuer Kraftwerke würden bis 2030 geregelte Stromerzeugungskapazitäten von mindestens 15 Gigawatt fehlen. Das erschwere den angepeilten Kohleausstieg für 2030.

Forderung nach Kapazitätsmarkt für steuerbare Leistung 

Außerdem sei offen, was mit den bestehenden 25 GW an Gaskraftwerken passiere. Diesen drohe die Stilllegung. "Deshalb sprechen wir uns weiterhin für die Einführung eines umfassenden Kapazitätsmarkts für steuerbare Leistung im Strommarkt aus, wie er in vielen anderen europäischen Ländern erfolgreich eingeführt wurde", erklärte Kehler.

Der BDEW drängte ebenfalls auf mehr Tempo: "Um im Jahr 2024 die ersten Ausschreibungsrunden erfolgreich zu bestreiten, braucht es nun Klarheit über die finalen Rahmenbedingungen und Ausschreibungsdetails", erklärte der Energieverband. Auch wenn die heute bekannt gewordenen Fortschritte wichtig seien, die Einigung auf zentrale Komponenten und Leitplanken sei "noch keine rechtssichere Grundlage für zeitnah zu treffende Investitionsentscheidungen". Bereits zuvor hatte der BDEW in einem Eckpunktepapier gefordert, dass die Kraftwerksstrategie Investitionen zügig anreizen müsse (energate berichtete). /mh

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Michael Hahn
Redakteur

Ich bin seit Juni 2023 Redakteur im Berliner Büro von energate. Dort beschäftige ich mich neben allen politischen Themen mit den Bereichen erneuerbare Energien - besonders Windenergie - oder Wasserstoff, Digitalisierung und Mobilität. Seit 2015 war ich für das Fachmagazin neue energie tätig, zunächst als Volontär, dann als Redakteur.

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