Berlin (energate) - Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) macht weiter Druck hinsichtlich der Ausschreibung neuer wasserstofffähiger Gaskraftwerke. Das wurde deutlich auf einer Veranstaltung des Energiekonzerns EnBW in dessen Hauptstadtrepräsentanz. "Wir müssen die Ausschreibungen jetzt haben und sind mit Hochdruck dabei, die Bedingungen zu klären", sagte Habeck. "Ich hoffe, dass wir die Ausschreibungsbedingungen für die Gaskraftwerke in diesem Halbjahr und die Ausschreibungen bis zum Ende des Jahres haben", so der Minister. Er ermutigte den Energiekonzern, "jetzt schon loszulaufen und die Planungen anzuschieben".
Habeck lobt Kohleausstiegspläne von EnBW
EnBW hatte angekündigt, 2028 aus der Energieerzeugung durch Kohle auszusteigen, was Habeck auf der Veranstaltung lobte. An drei Standorten plant der Karlsruher Konzern stattdessen wasserstofffähige Gaskraftwerke, wobei er am Standort Stuttgart-Münster sogar schon mit dem Bau begonnen hat (energate berichtete). Die Kraftwerke sollen 2025 und 2026 einsatzbereit sein. Für alle drei neuen Kraftwerke veranschlagt EnBW 1,6 Mrd. Euro. Dabei könne der Konzern allerdings derzeit nur schwer abschätzen, wie wirtschaftlich die Investitionen in neue Kraftwerke in der Zukunft sein werden, betonte der EnBW-Vorstandsvorsitzende Andreas Schell. "Die aktuelle Umbruchsituation mit der anhaltenden Debatte um das Marktdesign macht es uns sehr schwer, klare und vor allem sehr schnelle Entscheidungen zu treffen", sagte Schell.
Habeck verwies in diesem Zusammenhang auf die "Plattform Klimaneutrales Stromsystem" (energate berichtete). Dabei gehe es auch um ein Vergütungssystem für Kapazitäten in den Phasen, in denen nicht genug erneuerbarer Strom produziert werde, sagte Habeck. Denkbar sei, dass die wasserstofffähigen Gaskraftwerke in diesen Phasen sehr viel Geld verdienten, oder sie bräuchten eine andere Absicherung über Kapazitäten, über Zuschüsse beim Aufbau oder über Differenzkontrakte (CfDs), so der Minister.
Die Bundesregierung schätzt den Bedarf für mit Gas und Wasserstoff betriebene Kraftwerke aktuell auf bis zu 25.000 MW bis zum Jahr 2030. Damit Anlagen neu entstehen oder entsprechend umgebaut werden, will die Bundesregierung bis Sommer eine Kraftwerksstrategie vorlegen (energate berichtete). Auch der ostdeutsche Energiekonzern Leag plant bereits Investitionen in wasserstofffähige "Innovationskraftwerke" an den Kraftwerksstandorten in der Lausitz und in Mitteldeutschland (energate berichtete).
Kein zusätzliches Geld für Industriestrompreis
Weniger Hoffnung machte Habeck beim Thema Industriestrompreis, der zumindest nicht als klassische Subvention daherkommen könne. "Der Finanzminister sagt, ab jetzt wird nur noch so viel Geld ausgegeben, wie eingenommen wird", sagte er. Also müsse der Industriestrompreis möglichst aus dem Markt heraus entwickelt werden. Vielmehr solle der Industrie mithilfe von Sonderverträgen wie PPAs der Zugang zu günstigem Strom aus Solar- und Windparks ermöglicht werden. Kommunen sollen zudem die Möglichkeit bekommen, auf ihrem Gebiet erneuerbare Anlagen für die Wirtschaft auszuweisen. Genutzt werden solle auch der erneuerbare Strom, den das Netz noch nicht aufnehmen könne, so Habeck.
EnBW-Chef will keine Atomdebatte mehr
Offen zeigte sich der Wirtschaftsminister grundsätzlich für eine Debatte über Strompreiszonen, wie sie beispielsweise Schleswig-Holstein fordert (energate berichtete). Die Debatte sollte aber europäisch geführt werden und müsse datenbasiert geführt werden, so Habeck. Zugeknöpft zeigte er sich hingegen hinsichtlich der andauernden Atomdebatte kurz vor der Abschaltung der letzten drei Kernkraftwerke in Deutschland am 15. April (energate berichtete). Hier wurde stattdessen EnBW-Vorstand Schell deutlich: "Es gilt: Am Freitagabend wird Neckarwestheim vom Netz gehen." Die Diskussion über eine Laufzeitverlängerung müsse aufhören, es stünden andere Themen an. "Wir haben genug Arbeit vor uns und sollten die Energie auf die Zukunftsdiskussionen lenken", sagte er. /ck