21.02.22, 12:35 von Rouben Bathke

Frankfurt/Hamburg (energate) - Die Einführung von höheren Zweittarifen in der Grundversorgung gerät juristisch erneut unter Beschuss. Der Ökostromanbieter Lichtblick hat vor Gericht mehrere Klagen gegen die Praxis angestrengt, nun ist erstmals ein Gericht der Argumentation des Unternehmens gefolgt. Das Landgericht Frankfurt habe dem Versorger Mainova die sogenannte Preisspaltung untersagt und das Vorgehen als wettbewerbswidrig eingestuft, teilte Lichtblick im Nachgang der Urteilsverkündung mit. Das Gericht habe Mainova aufgefordert, alle Kunden in der Grundversorgung gleich zu bepreisen.

"Starkes Signal für Verbraucherschutz"

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Der Ökostromanbieter sprach von einem "starken Signal für Wettbewerb und Verbraucherschutz". "Wir gehen davon aus, dass weitere Gerichte dieser Rechtsauffassung folgen", gab sich Lichtblick-Chefjurist Markus Adam zuversichtlich. Er warf den Grundversorgern, die einen höheren Grundversorgungstarif für Neukunden eingeführt hatten, "Selbstbedienungsmentalität" vor. Lichtblick sieht sich durch die erhöhten Grundversorgungstarife wettbewerblich benachteiligt, da der Ökostromlieferant eine Quersubventionierung der wettbewerblichen Strom- und Gasangebote der Grundversorger befürchtet.

Ein Mainova-Sprecher erklärte auf Anfrage von energate, das Unternehmen werde den Erlass zunächst prüfen. Die einstweilige Verfügung habe das Gericht aktuell erst zugestellt. In der Folge werde die Mainova über "mögliche Rechtsmittel" gegen das Urteil entscheiden. Nach Darstellung von Lichtblick hatte Mainova Neukunden in der Grund- und Ersatzversorgung Strom zum Jahresbeginn 79,88 Cent/kWh berechnet. Bestandskunden zahlen hingegen lediglich 32,61 Cent/kWh. Inzwischen hat Mainova auf 57,70 Cent/kWh gesenkt. 

Der Stadtwerkeverband VKU bemühte sich um eine Relativierung des Urteils. Lichtblick habe verschiedene Verfahren zu dem Thema angestrengt, mindestens zwei Landgerichte hätte die Anträge bereits abgewiesen. "Dass jetzt ein erster Erfolg öffentlich zelebriert wird, gehört offenbar zur Klagestrategie des Unternehmens", kritisierte VKU-Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing. Er betonte, dass das Landgericht seine Entscheidung "ohne mündliche Verhandlung und ohne nähere Begründung" getroffen habe. Das Urteil liegt noch nicht in schriftlicher Form vor. 

VKU: Gesplittete Grundversorgung rechtlich zulässig

Die grundsätzliche Position des VKU, dass gesplittete Grundversorgungstarife rechtlich zulässig seien, stelle das jetzige Urteil nicht infrage. "Sollte dieses Verfahren in Frankfurt nun in die nächste Instanz gehen, sehen wir dem optimistisch entgegen", gab sich Liebing kämpferisch. 

Mit der Einführung gesonderter, höherer Tarife in der Grundversorgung hatten zahlreiche Energieversorger darauf reagiert, dass andere Energieanbieter wegen der massiv gestiegenen Preise die Belieferung einstellten. Als Folge fielen deren Kunden in die Grund- beziehungsweise Ersatzversorgung zurück. Der entsprechende Grundversorger musste wegen des unvorhergesehenen Kundenzuwachses kurzfristig weitere Energiemengen beschaffen - zu hohen Preisen. Zuletzt hatte auch die Verbraucherzentrale NRW gegen die Preisspaltung in der Grundversorgung Klagen angestrengt. Ein erstes Verfahren gegen die Rheinenergie scheiterte aber (energate berichtete). /rb

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Rouben Bathke
Redakteur

Seit 2011 bin ich Teil der energate-Redaktion. Für den energate messenger habe ich insbesondere im Blick, was die Unternehmen der Energiewirtschaft so treiben - vom börsennotierten Großkonzern bis zum Provinz-Stadtwerk.

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