30.11.17, 16:31 von Daniel Zugehör

Berlin (energate) - Die Ökostrom-Branche warnt vor einem "Weiter so" im Umgang mit CO2-Emissionen auf dem Strommarkt. Durch einen EU-weiten Mindestpreis für CO2 gekoppelt mit einer nationalen CO2-Steuer ließen sich nicht nur die Klimaziele erreichen, sondern auch Emissionsverlagerungen ins Ausland und Stromimporte nach Deutschland weitgehend vermeiden. Das ist ein Ergebnis einer neuen Studie im Auftrag des Bundesverbands Erneuerbare Energie (BEE), die der Verband vor Journalisten in Berlin jetzt vorstellte.

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Dabei rechneten die Autoren in mehreren Szenarien mit unterschiedlichen Werten, von 20 bis 75 Euro pro Tonne CO2. Mit allen sei das Emissionsminderungsziel von 40 Prozent zu schaffen, heißt es. Ab 60 Euro wäre das Ganze dann aufkommensneutral, das heißt die Annahmen der heutigen Stromsteuer von 6,6 bis 7,0 Mrd. Euro würden erreicht. Führe Deutschland dagegen keine nationale CO2-Steuer als Ergänzung zum EU-Emissionshandel (ETS) ein, würden die Ziele "deutlich" verfehlt. Durch den ETS in seiner jetzigen Form stelle sich nämlich auch im Zeitraum 2021 bis 2030 nicht die notwendige Emissionsreduzierung ein. Carsten Pfeiffer, Leiter Politik und Strategie beim BEE, betonte, dass der ETS praktisch wirkungslos sei. Aus seiner Sicht sei der Emissionshandel vor dem Hintergrund des Klimaschutzes zwar erste Wahl, aber er funktioniere nicht. "Das nervt den BEE", so Pfeiffer. Der Verband hatte bereits kürzlich prognostiziert, dass der Emissionshandel mit der momentanen Anzahl von Emissionsrechten auf dem Markt und bei einer unveränderten Reduktionsrate von 2,2 Prozent jährlich die Erderwärmung nicht auf unter zwei Grad begrenzen kann. Dabei hatte Brüssel die Rate erst Anfang November im Rahmen der Emissionshandelsreform verschärft (energate berichtete).

Auch ein europäischer Mindestpreis von 20 Euro pro Tonne alleine (wie etwa von Eon-Vorstandschef Johannes Teyssen Anfang 2017 vorgeschlagen) werde nicht ausreichen, die nationalen Klimaschutzziele zu erreichen. Bis 2020, so lautet eines davon, muss der CO2-Ausstoß um mindestens 40 Prozent gegenüber 1990 gesunken sein. Insgesamt sei das "Doppel" aus nationaler Steuer plus EU-Mindestpreis am effektivsten, insbesondere hinsichtlich des Klimaschutzes. Im Vergleich zur alleinigen Bepreisung über eine nationale Steuer würden in der Folge nicht 71 Mio. Tonnen CO2 ins Ausland verlagert, sondern drei Mio. Tonnen. Zudem wäre der Stromaußenhandel ausgeglichen. Zwar sei ein "moderater" Preisanstieg von 34 Euro/MWh auf 38 Euro/MWh zu erwarten. Davon würden aber erneuerbare Erzeuger profitieren und mehr Markteinnahmen generieren. Zudem sinke die EEG-Umlage. "Da die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung dazu verwendet werden sollten, die Stromsteuer zu reduzieren, sinken unterm Strich sogar die Stromkosten der Haushaltskunden", so Peter Röttgen, BEE-Geschäftsführer.

CO2-Steuer ohne den BDI

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Widerspruch kam vom Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI). "Der ETS funktioniert", meinte Joachim Hein, Referent Energie- und Klimapolitik beim BDI. Er werde wirken, wenn auch später als womöglich gedacht. Dennoch sei man "voll im Soll", bis 2050 werde der CO2-Ausstoß um 87 Prozent reduziert. Ab 2019 "sauge" die dann greifende Marktstabilitätsreserve der EU überschüssige Zertifikate ab, so Hein. Er glaube nicht, dass demnächst ein EU-Mindestpreis zur Debatte stehen wird. Dabei verweist er auch auf den zu erwartenden großen Abstimmungsbedarf. Der BDI sei offen für den Dialog, betonte Hein. Aber "bei einer CO2-Steuer gehen wir nicht mit". /dz