Hannover (energate) - Die Gasförderbranche verschärft in der Debatte um die umstrittene Fracking-Technologie den Ton. Der neue Vorstandsvorsitzende des Bundesverbands Erdgas, Erdöl und Geoenergie (BVEG), Martin Bachmann, forderte auf der Jahrestagung des Verbands ein Ende der politischen Blockade bei der Erdgasförderung. Man habe fünf Jahre freiwillig auf die Bearbeitung von Anträgen auf die Genehmigung von Fracking-Vorhaben für konventionelle Förderungen auf der Basis der bestehenden Rechtslage verzichtet. Wenn es vor der Sommerpause zu keiner gesetzlichen Regelung kommt, werde man Genehmigungen auf Basis des bestehenden Bergrechts einfordern, sagte er. Bachmann warf der Bundesregierung vor zu ignorieren, dass es um die Zukunft "der gesamten Branche, deren Mitarbeiter und Standorte" gehe.
Hintergrund der Branchenforderungen ist der politische Stillstand um die Fracking-Technologie. Ein Gesetzentwurf der Regierungskoalition liegt zwar seit dem Sommer 2015 vor, steckt aber wegen Unstimmigkeiten zwischen SPD und Union derzeit im Gesetzgebungsverfahren fest. Der Entwurf sieht vor, Fracking unterhalb von 3.000 Metern außerhalb von Wasserschutzgebieten auf der Basis von Umweltverträglichkeitsprüfungen zuzulassen. Die Wasser- und Energiewirtschaft trägt dies als Kompromiss grundsätzlich mit.
Laut Pressemitteilung des BVEG (ehemals WEG) zeigte der niedersächsische Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) in einer Videobotschaft Verständnis für die Position der Branche und kündigte an, auf Landesebene vernünftige Regelungen zu finden, wenn es zu keiner Bundesregelung kommt. "Danke, dass Sie bereit waren, in einem Moratorium abzuwarten", sagte er in Richtung der Branchenvertreter. "Ich glaube aber, dass diese Zeit jetzt abgelaufen ist." Er werde weiter daran mitwirken, "dass wir hoffentlich eine Regelung auf Bundesebene bekommen" Inzwischen sei er jedoch nicht mehr sicher, ob das gelingt, so der Landesminister in seiner Grußbotschaft.
Die Ankündigung des BVEG löste Empörung bei den Grünen und Umweltschutzverbänden aus. "Obwohl die große Mehrheit der Menschen in Deutschland Fracking entschieden ablehnt, will die Erdgasindustrie auf Teufel komm raus auf diese risikoreiche Technik setzen", sagte Julia Verlinden, energiepolitsche Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion. Es sei unverantwortlich, dass Minister Lies dem Drängen der Gas- und Ölbranche auch noch Vorschub leiste. Sie verwies darauf, dass die Grünen kürzlich ein Fracking-Verbot in den Bundestag eingebracht hätten, was die Regierungskoalitionen mit ihrer Mehrheit aber ablehnte (energate berichtete). Die Bürgerbewegung Campact bezeichnete die Ankündigung des BVEG als skandalös und kündigte Widerstand gegen jegliche Fracking-Vorhaben an. /hl