Berlin (energate) - Das Bundeskabinett hat die gesetzlichen Grundlagen für den Strommarkt 2.0 beschlossen. Es verabschiedete ein Paket mit den bereits bekannten Regierungsentwürfen für das neue Strommarktgesetz, die Kapazitätsreserveverordnung und das Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende. Damit werde ein "neues Kapitel für den Strommarkt der Zukunft aufgeschlagen", erklärte Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) im Anschluss vor der Presse. Das Strommarktgesetz lobte er als "Grundgesetz für den Strommarkt des 21. Jahrhunderts". Zudem verteidigte er die Pläne für eine Kapazitätsreserve und eine Sicherheitsbereitschaft, in der acht Braunkohlekraftwerke mit insgesamt 2.700 MW stillgelegt werden (energate berichtete). "Beide Reserven sollen in der Übergangsphase zum Strommarkt 2.0 als Hosenträger zum Gürtel die Versorgungssicherheit gewährleisten", erklärte er.
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Digitalisierung
Die Vergütungen für die Anlagen in der Kapazitätsreserve, die schrittweise auf ein Volumen von 4.400 MW hochgefahren werden soll, werden über Ausschreibungen ermittelt. Das Wirtschaftsministerium veranschlagt dafür Kosten von etwa 130 bis 260 Mio. Euro im Jahr. Sie werden über die Netzentgelte gewälzt. Hier stünden Erhöhungen von 0,028 bis 0,055 Cent/kWh an. Die erste Tranche von 1.800 MW für den Zeitraum von Oktober 2017 bis 2019 soll im April 2017 ausgeschrieben werden. Die Braunkohleblöcke sollen ab 2016 schrittweise aus dem Markt genommen werden. Dann bleiben sie vier Jahre in der Reserve, bevor sie endgültig abgeschaltet werden. Die Kosten für die Braunkohle-Reserve beziffert das Ministerium auf 230 Mio. Euro im Jahr über einen Zeitraum von sieben Jahren. Bei den Netzentgelten schlägt das mit einer Erhöhung um 0,05 Cent/kWh zu Buche.
Gabriel wies Vorwürfe scharf zurück, wonach die Kraftwerksbetreiber mit der Sicherheitsreserve Vergütungen für Braunkohleblöcke kassieren würden, die ohnehin aus dem Markt gingen. "Wir nehmen da keine Kraftwerke, die bereits zur Stilllegung angemeldet sind", sagte er. Er räumte auch Vermutungen in der Energiebranche (energate berichtete) aus, dass die Braunkohle-Reserve von 2.700 MW zusätzlich auf Kapazitätsreserve von 4.400 MW aufgesetzt werden könnte. Beide Instrumente würden über die ausgeschrieben Tranchen und die Stilllegungsphasen so aufeinander abgestimmt, dass insgesamt fünf Prozent der durchschnittlichen Spitzenlast oder 4.400 MW als Reserve vorgehalten werden, erläuterte sein Staatsekretär Rainer Baake.
Gabriel und Baake ließen mehrfach durchblicken, dass die Braunkohle-Reserve nicht wegen der Versorgungssicherheit eingeführt wird, sondern um zusätzliche CO2-Einsparungen für das Klimaschutzziel der Bundesregierung zu generieren. "Wir gehen davon aus, dass die Kraftwerke nicht zum Einsatz kommen", sagte Baake. Zudem sei mit den Kraftwerksbetreibern vereinbart, dass sie die stillgelegten Braunkohleblöcke nicht durch neue ersetzen. Andererseits sei nicht zu erwarten, dass die EU-Kommission die Sicherheitsbereitschaft als Subvention für Braunkohlekraftwerke als wertet. Die Aufteilung in eine Kapazitätsreserve und eine Sicherheitsbereitschaft sei Ergebnis der beihilferechtlichen Verhandlungen mit Brüssel. "Damit haben wir einen Weg gefunden, auf dem wir keinen Verstoß gegen die Beihilfeleitlinie begehen. Wir sind nach den Gesprächen mit der Kommission sicher, dass das zertifiziert wird. Sonst hätten wir den Entwurf nicht ins Kabinett gebracht" sagte Baake am Rande der Pressekonferenz. /gk