27.02.24, 14:52 von Ron-David Heinen
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München (energate) - Die Anreizung von Residualkraftwerken kostet im günstigsten Fall jährlich eine Milliarde Euro. Zu dieser Einschätzung kommt eine Studie des Beratungsunternehmens Prognos im Auftrag der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (VBW). Spätestens seit der Verkündung der Kraftwerksstrategie am 5. Februar 2024 sind die Debatten um die Finanzierung von wasserstofffähigen Gaskraftwerken neu entbrannt. Die Kraftwerke werden benötigt, um die Versorgungslücken in den Stunden des Jahres zu schließen, in denen die Erträge aus Wind und Sonne nicht ausreichen.

Selektive Kapazitätsmechanismus kostet rund eine Milliarde Euro jährlich

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Der Zubau von Residuallastkraftwerken kann über unterschiedliche Mechanismen angereizt werden. In der Studie untersuchen die Bearbeitenden vier Anreizmechanismen: einen umfassenden Kapazitätsmechanismus, einen selektiven Kapazitätsmechanismus, die strategische Reserve sowie die Refinanzierung über den Energy-Only-Markt. Im Ergebnis zeigt sich laut Studie, dass der selektive Kapazitätsmechanismus mit jährlichen Kosten von 1 Mrd. Euro am günstigsten sei. Der Grund dafür liege in den beschränkten Zahlungen, die nur an zugebaute Kapazitäten geleistet werde. Im Gegensatz zur strategischen Reserve könnten die Kraftwerke zusätzliche Deckungsbeiträge am Strommarkt erzielen.

Die Refinanzierung über Knappheitspreise am Energy-Only-Markt habe die größte Volatilität und könne zu jährlichen Kosten von bis zu 7,6 Mrd. Euro führen. Die Bundesregierung hat sich in der Kraftwerksstrategie jedoch ohnehin gegen den Energy-Only-Markt als alleinigen Anreiz entschieden und strebt die Einführung für einen "marktlichen, technologieneutralen Kapazitätsmechanismus" an.

Verstromung von Wasserstoff könnte sehr teuer werden

Neben diesen Kapazitätsmechanismen zur Finanzierung neuer Gaskraftwerke müsse ein Instrument eingeführt werden, dass die Preisdifferenz am Strommarkt zwischen Wasserstoff und Erdgas ausgleicht. "Das würde jährlich 5 Mrd. Euro kosten. Ohne Regulierung könnten sich die Mehrkosten am Strommarkt aber auf 37 Mrd. Euro pro Jahr belaufen", mahnt Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer der VBW. Zusätzlich könne ein solches Instrument den zielgerichteten Einsatz von Wasserstoff im Strommarkt anreizen, ohne den Strommarkt zu verzerren, so die Studie. Erst kürzlich forderten fünf norddeutsche Landesministerinnen und -minister Rahmenbedingungen für die systemdienliche Ansiedlung von Elektrolyseuren.

Strompreiszonensplit: "Negative Auswirkungen überwiegen."

Auch die Aufteilung der einheitlichen deutschen Strompreiszone wurde in letzter Zeit immer wieder diskutiert. Befürworter des Preiszonensplits führen große regionale Unterschiede bei den Netzentgelten an, die hohe Energiekosten bei Unternehmen und Haushalten verursachen. Die Bundesnetzagentur plant daher eine Reform der Netznutzungsentgelte. Der deutsche Verband der Energiehändler blickte dennoch "mit Sorge" nach Brüssel, da dort nach eigener Einschätzung ein Preiszonensplit befürwortet werde. Die aktuelle VBW-Studie bilanziert jedoch, dass die "negativen Auswirkungen eines Preiszonensplits überwiegen". Eine geringere Liquidität der Märkte schränke ihre Effizienz ein, Unternehmen verlören an Planungssicherheit, es entstünden neue Verteilungsfragen und der Netzausbau im Norden und Osten verlöre an Attraktivität, so die Studie. /rh

Portrait von Ron-David Heinen
Ron-David Heinen
Volontär

Im Hause energate bin ich seit September 2023 als Volontär. Zuvor war ich an der Ruhr-Universität Bochum und der Bergischen Universität Wuppertal als Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Fachbereich Umweltgeschichte tätig.

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