16.07.20, 16:52

Wien (energate) - Der Energieversorger Verbund und der Stahlkonzern Voestalpine sind mit ihrer Klage gegen die Trennung der deutsch-österreichischen Strompreiszone gescheitert. Die Klage, an der auch die österreichische Energiebörse EXAA und der Branchenverband Austropapier beteiligt waren, richtete sich gegen den deutschen Übertragungsnetzbetreiber Tennet. Wie die Bundeswettbewerbsbehörde nun mitteilt, hat das Kartellgericht in Wien diese Klage abgewiesen. Das Urteil ist rechtskräftig.

Deutliche Nachteile für Österreich

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Die im Oktober 2018 erfolgte Trennung der gemeinsamen Gebotszone am Strommarkt zwischen Deutschland, Österreich und Luxemburg an der deutsch-österreichischen Grenze geht auf eine Entscheidung des europäischen Energiereguliererverbands Acer aus dem Jahr 2016 zurück. Der Schritt sollte über Engpassmanagement zur Netzstabilität beitragen und Engpässe im Stromnetz vermeiden helfen. Allerdings beschert die Maßnahme vor allem Österreich deutliche Nachteile: Hohe Mehrkosten, saisonale Schwankungen, einen Mangel an Liquidität im Markt und ein verschobenes Preisgefüge. Wie die Österreichische Energieagentur kürzlich gegenüber energate dargelegt hat, sind der heimischen Volkswirtschaft zwischen Oktober 2018 und März 2020 Mehrkosten von 350 Mio. Euro entstanden (energate berichtete).

Eine Frage der Netzengpässe

Die vier Kläger aus der heimischen Wirtschaft wollten mit ihrer Klage einen Zustand vor der Trennung der Strompreiszone erreichen. Ihrer Forderung nach hätten "alle Maßnahmen zur Umsetzung der Engpassbewirtschaftung an der Grenze zwischen Österreich und Deutschland" unterlassen werden sollen. Die Klage richtete sich gegen Tennet, weil dieser Übertragungsnetzbetreiber nach der Argumentation der österreichischen Seite seine marktbeherrschende Stellung ausnutze und eine Engpassbewirtschaftung an der österreich-deutschen Grenze betreibe, statt gegen "innerdeutsche Netzengpässe" als die eigentliche Ursache von Problemen in den Stromnetzen vorzugehen.

Die "strukturellen Netzengpässe" würden demnach nicht an der österreich-deutschen Grenze, sondern vielmehr innerhalb von Deutschland liegen, heißt es in der Klageschrift. Daher komme es zu einer "wettbewerbswidrigen Marktverzerrung". Der Vorstoß ist nicht der erste dieser Art: Vor drei Jahren hatten bereits die heimische Regulierungsbehörde E-Control und der Übertragungsnetzbetreiber APG formell Beschwerde gegen die Trennung der Strompreiszone eingelegt.

Gericht: Kein Alleingang Tennets möglich

Das Kartellgericht in Wien hat den Antrag von Verbund, Voestalpine, EXAA und Austropapier rechtskräftig abgewiesen, weil es im Fall von Tennet eine "fehlende Passivlegitimation" gebe. Weiters hieß es dazu, dass aus europarechtlichen Normen zum Elektrizitätsbinnenmarkt "mit hinreichender Deutlichkeit eine Rechtslage abzuleiten" sei, wonach Tennet "gar nicht befugt ist, die geforderten Unterlassungen alleine und ohne Mitwirkung der übrigen Übertragungsnetzbetreiber vorzunehmen". Auch gebe es erhebliche Bedenken, dass eine einseitige Umsetzung in technischer Hinsicht überhaupt möglich wäre.

Auch der von den Klägern vorgebrachte "Einwand staatlichen Handelns" ("regulated conduct defense") sei nicht berechtigt. Die Entscheidung von Acer auf europäischer Ebene entfalte "in allen ihren Teilen" eine verbindliche Wirkung und lasse den Übertragungsnetzbetreibern keinen Handlungsspielraum offen. Weil die vier Kläger keine Rechtsmittel gegen das Urteil eingelegt haben, ist es rechtskräftig. /Peter Martens