08.02.24, 16:13 von Karsten Wiedemann

Algier (energate) - Deutschland und Algerien wollen beim Thema grüner Wasserstoff enger zusammenarbeiten. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat mit seinem algerischen Amtskollegen Mohamed Arkab eine Taskforce ins Leben gerufen. Diese soll die Bedingungen für Herstellung und Transport von Wasserstoff voranbringen und einen Anreiz geben für die Zusammenarbeit auf privatwirtschaftlicher Ebene. "Deutschland und Europa stehen als potenzielle Abnehmerländer für grünen Wasserstoff bereit", betonte Habeck am Rande eines Round Table mit Unternehmern beider Seiten in Algier. Er wurde bei seiner Reise von Unternehmen der Gas-, aber auch der Erneuerbaren-Branche begleitet.

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Mit der Transmed-Pipeline, über die Algerien aktuell Erdgas nach Europa liefert, steht eine Transportmöglichkeit bereit. Die Pipeline führt über Tunesien und Italien nach Österreich und Süddeutschland. Sie soll Teil des geplanten südlichen Wasserstoffkorridors werden - letztlich mit Anschluss an das deutsche Kernnetz. Für das Bundeswirtschaftsministerium könnte sich damit eine Lücke schließen: Nach aktuellen Szenarien besteht für die Industrieregionen im Süden und Südosten Deutschlands eine Unterversorgung mit Wasserstoff. Denn sowohl die Erzeugung als auch die Importinfrastruktur für den Energieträger konzentrieren sich auf den Norden.

Bisher noch wenig Erneuerbare

Bei seinem Besuch ging es Habeck vor allem darum, die algerische Seite davon zu überzeugen, den Aufbau der Wasserstoffinfrastruktur tatsächlich zu beginnen. Er betonte, das Zeitalter der fossilen Energien werde in absehbarer Zeit enden. "Grüner Wasserstoff bietet viele Chancen für Algerien", so Habeck. Denn Fakt ist, bisher gibt es in dem Land noch keine relevante Erneuerbaren-Leistung. Ein Grund dafür ist, dass Algerien über günstiges Gas und Öl verfügt. Demnächst soll es aber wieder Ausschreibungen für Erneuerbaren-Projekte geben. Die Regierung in Algier hat das wirtschaftliche Potenzial von Wasserstoff allerdings erkannt und im Jahr 2022 eine Wasserstoffstrategie verabschiedet. Diese sieht vor, bis 2030 Pilotprojekte für blauen und grünen Wasserstoff zu entwickeln und in den 2030er Jahren zu industrialisieren. Teil der nun von beiden Seiten unterzeichneten Absichtserklärung ist der Bau einer Wasserstoffpilotanlage.

Südkorridor bis 2030

Bei der Umwidmung der Transportinfrastruktur soll es schneller gehen. Die Umrüstung und teilweise Erneuerung der Pipelines zum südlichen H2-Korridor sollen bis 2030 abgeschlossen sein. Beteiligt daran sind die österreichischen TAG und GCA, die italienische Snam sowie die deutsche Bayernets. Die Leitung hat eine Gesamtlänge von 3.200 Kilometern, 75 Prozent der bestehenden Leitungen ließen sich nutzen. Snam kalkuliert mit Transportkosten von 0,3 bis 0,5 Euro pro Kilogramm, deutlich weniger als bei Ammoniak. Am Anschlusspunkt in Deutschland könnte eine Kapazität von 54 TWh bereitstehen, so das Ziel.

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Die geschätzten Kosten für den Bau des südlichen H2-Korridors liegen laut Bundeswirtschaftsministerium bei rund 3,6 Mrd. Euro. Die EU-Kommission hat das Vorhaben auf die Liste der Projects of Common Interest gesetzt, damit ist eine Förderung über die EU möglich. Angesichts der vielen Partner und unterschiedlichen beteiligten Länder ein ambitioniertes Vorhaben. Zumal die Investitionsbedingungen in Algerien wegen starker Bürokratie und wechselnder Rahmenbedingungen als schwierig gelten. Vor seiner Abreise zog Habeck dennoch eine positive Bilanz. Er sei auf viele offene Türen gestoßen. Die Partnerschaft zwischen beiden Ländern sei revitalisiert worden, so der Minister. /kw

Weitere Infos zu Algerien und den dortigen Wandel von Erdgas zu grünem Wasserstoff finden Sie im Add-on Neue Märkte.

Portrait von Karsten Wiedemann
Karsten Wiedemann
Redakteur

Ich bin seit September 2018 Leiter Energiepolitik im Berliner Büro von energate. Von Januar 2014 bis August 2018 war ich Pressesprecher des Bundesverbandes Neue Energiewirtschaft.

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