24.10.23, 14:12 von Mareike Teuffer

Dresden (energate) - Das Land Sachsen fühlt sich beim geplanten bundesweiten Wasserstoff-Kernnetz zu wenig berücksichtigt. Es kämpft deswegen für einen besseren Anschluss, insbesondere seiner Industrieregionen bei Chemnitz, Dresden und in der Lausitz. Das war Tenor bei einem digitalen Pressegespräch im Vorfeld der "Clean Hydrogen Convention" in Dresden. Hintergrund ist, dass die bisherigen Planungen der Fernleitungsnetzbetreiber (FNB) für ein Wasserstoff-Kernnetz für Sachsen nur Ausspeisepunkte bei Leipzig und dem Industriebogen im Landkreis Meißen vorsehen. Der Rest guckt sprichwörtlich in die Röhre. "Für die Regionen wird das zum großen Standortnachteil", sagte Frances Zedler, Geschäftsführerin des Technologie-Netzwerks Energy Saxony, gegenüber energate bei dem Pressegespräch. Insbesondere für die Halbleiterindustrie, die sich im großen Stil am Standort Dresden ansiedeln soll, sei dies kein gutes Zeichen. Denn die würden quasi nach Wasserstoff "rufen".

Infineon baut Halbleiterproduktion am Standort Dresden aus

Banner "Koop: MSG Website BDEW Kongress 01.05.-31.05."

Aktuell baut etwa der Chipkonzern Infineon sein Halbleiterwerk in Dresden massiv aus, bis zu 1.000 neue Arbeitsplätze sollen dadurch entstehen. Die sogenannte "Smart Power Fab" soll 2026 fertig sein und dann eine Fläche von mehr als vier Fußballfeldern umfassen. Weitere Unternehmen der Branche sollen folgen, darunter der taiwanische Konzern TSMC, der bis 2027 ein neues Werk mit 2.000 Mitarbeitenden aufgebaut haben will. Die Sorge ist groß, dass sich solche globalen Player ohne Aussicht auf einen künftigen Wasserstoffzugang doch für einen anderen Standort entscheiden. "Dann überlegt man es sich vielleicht doch nochmal", gab auch Zedler zu bedenken.

Stellungnahme an Bundeswirtschaftsministerium

Dass das ostdeutsche Bundesland mit den Plänen der FNB für die künftige Wasserstoffinfrastruktur nicht glücklich ist, ist nicht neu. Landesenergieminister Wolfram Günther (Grüne) hatte schon im Juli diesbezüglich eine Stellungnahme verfasst und an das Bundeswirtschaftsministerium geschickt. Auch der Energieversorger Eins Energie in Sachsen und die Industrie- und Handelskammer Chemnitz hatten sich dem angeschlossen und deutliche Kritik geäußert. Die Region Südwestsachsen drohe einmal mehr abgehängt zu werden, schreiben sie in einem gemeinsamen Eckpunktepapier. Für die ansässigen Unternehmen würde dies bedeuten, dass sie bei der Transformation hin zu einer dekarbonisierten Wirtschaft benachteiligt würden, mit erheblichen Konsequenzen für die Arbeitsplätze in der Region.

Eins Energie hat rund 11.000 Industrie- und Gewerbekunden am Gasnetz

Die Eins Energie in Sachsen zählt laut eigenen Angaben etwa 11.000 Gewerbe- und Industriekunden im Gasnetz. Dazu gehören neben der Halbleiterindustrie vor allem Unternehmen aus der Automobil- und Zuliefererindustrie sowie dem Maschinen- und Anlagenbau. Der Anteil des Gasverbrauchs der 200 größten Industriekunden liegt bei mehr als 2 TWh Erdgas im Jahr. Davon entfielen rund 90 Prozent auf die Erzeugung von Prozesswärme, wovon sich nur ein Teil elektrifizieren lasse. Diese Hochtemperaturprozesse und in vielen Fällen auch die Erzeugung von Heißdampf benötigten also auch in Zukunft - dann klimaneutrale - Gase, so die Argumentation in dem Papier. Wasserstoff soll dabei eine zentrale Rolle spielen, wie auch aus der 2022 veröffentlichten eigenen Wasserstoffstrategie des Landes hervorgeht.

"Wir werden den grünen Wasserstoff nicht selbst produzieren"

Banner "Anzeigenschaltung Verbund Paket 3 KW20"

Dabei ist allerdings klar, dass Sachsen auf Importe und damit auf eine Netzinfrastruktur angewiesen sein wird. Denn dass dort eine großskalige Produktion von grünem Wasserstoff entsteht, ist unwahrscheinlich. "Wir werden den grünen Wasserstoff nicht selbst produzieren. Wo soll er denn auch herkommen, wir haben keine erneuerbaren Anlagen", so Zedler weiter. Eine bessere Einbindung in die Wasserstoffinfrastruktur sei aber auch wichtig für die Akzeptanz des neuen Energieträgers in der Bevölkerung. "Das ist sonst wie eine Autobahn durch die Region ohne Auf- und Abfahrt, aber sie haben den Dreck direkt vor der Nase", so Karl Lötsch, Geschäftsführer der Initiative HZwo, bei dem Pressegespräch. /ml

Portrait von Mareike Teuffer
Mareike Teuffer
Redakteurin

Im Hause energate bin ich seit 2011, seit 2015 als Redakteurin am Essener Standort. Hier gehöre ich zum Team "Gas & Wärme" und beschäftige mich hauptsächlich mit allen Themen rund um Erdgas, Wasserstoff und der Wärmewende.

Profil aufrufen E-Mail schreiben