Berlin (energate) - Bei der Generaldebatte des Bundestages zum Bundeshaushalt 2023 haben sich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Oppositionsführer Friedrich Merz (CDU) gegenseitig die Schuld für die Energiekrise zugeschoben. Die CDU/CSU habe Ausstiegsentscheidungen aus der Kohle und der Atomenergie getroffen, aber niemals die Kraft gehabt, in irgendetwas einzusteigen, betonte Scholz. "Sie waren unfähig, den Ausbau der erneuerbaren Energien herbeizuführen. Sie haben Abwehrkämpfe geführt gegen jede einzelne Windkraftanlage. Und jeder Abwehrkampf der letzten Jahre schadet unserem Land noch heute."
Zuvor hatte der CDU-Vorsitzende Merz zugegeben, dass die Union an der Energieabhängigkeit von Russland nicht ganz unschuldig ist: "Wir müssen davon ausgehen, dass vor allem Deutschland auf Grund seiner - ich sage es ausdrücklich - nicht von dieser Regierung allein zu verantwortenden Energieabhängigkeit von Russland in besonderer Weise betroffen ist", sagte Merz in Hinblick auf die sich verschärfende wirtschaftliche Lage. Anschließend warf er der Bundesregierung und insbesondere Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) jedoch Versagen vor. Vor allem bei der Entscheidung, nur die zwei südlichen Kernkraftwerke Ende 2022 in eine Reserve zu überführen (energate berichtete), halte Habeck "das ganze Land zum Narren" und beschädige möglicherweise die deutschen Unternehmen. "Stoppen Sie diesen Irrsinn, Herr Bundeskanzler", forderte Merz.
Merz fordert Habeck zu entmachten
Der CDU-Fraktionschef kritisierte zudem das Festhalten der Ampel an der Gasumlage scharf. Die Union werde einen Antrag im Bundestag zur Abstimmung stellen, um die Gasumlage noch zu stoppen, kündigte Merz an (energate berichtete). Die Umlage sei von Anfang an eine Fehlkonstruktion gewesen. Sie werde die Inflationsrate in Deutschland noch weiter in die Höhe treiben und private Haushalte sowie Unternehmen noch höher belasten. Merz forderte Scholz außerdem auf, im Bundeskanzleramt einen Energiesicherheitsrat, besser einen nationalen Sicherheitsrat einzurichten und so die Zuständigkeit an sich zu ziehen. Wirtschaftsminister Habeck sei umgeben von einer Gruppe von Umweltlobbyisten, so Merz.
Die Bundesregierung habe Probleme schon gelöst, bevor die Union mitbekommen haben, dass da überhaupt welche seien, konterte Scholz die Kritik. So hätte die jetzige Ampel-Regierung frühzeitig dafür gesorgt, dass die Gasspeicher gefüllt würden. "Wir haben uns schon ab Dezember auf diese Situation vorbereitet", sagte er in Hinblick auf den geplanten Bau von LNG-Terminals. Dies sei in einem Tempo geschehen, zu dem keine CDU-geführte Regierung jemals fähig gewesen wäre. Im Januar würden die ersten Terminals ihren Betrieb aufnehmen. Scholz forderte einen Schulterschluss. "Wer Spaltung herbeiredet, gefährdet den Zusammenhalt in diesem Land", so der Bundeskanzler. Er versprach erneut, das Strommarktdesign zu verändern, zusätzlichen Gewinne abzuschöpfen und die Bürgerinnen und Bürger mit einer Strommarktbremse zu entlasten (energate berichtete).
FDP spricht sich gegen Gaspreisdeckel aus
FDP-Fraktionschef Christian Dürr wiederum sprach sich in der Debatte gegen eine Deckelung des Gaspreises aus. Das würde den Staat überfordern, so Dürr. Den Gaspreis nach spanischem Vorbild zu deckeln, fordert beispielsweise die Linke. In Spanien ist der Erdgaspreis in der Stromerzeugung seit Mai bei 50 Euro/MWh gedeckelt. Auch in Österreich und weiteren Ländern wird über einen Gaspreisdeckel diskutiert. Die Unionsfraktion fordert inzwischen eine Entscheidung in diese Richtung. Unter Ökonomen ist das Instrument jedoch umstritten (energate berichtete).
Grüne: Keine Laufzeitverlängerung
Der Forderung von Merz nach einem längeren Weiterbetrieb der Atomkraftwerke erteilte auch die Grünen-Co-Fraktionschefin Britta Haßelmann eine Absage. "Kaum eine Debatte wird so faktenfrei geführt wie diese", sagte sie. Der Stresstest habe eindeutig gezeigt, dass ein Weiterbetrieb nicht gerechtfertigt sei. Neue Brennstäbe würden hingegen den Ausstieg vom Ausstieg bedeuten. "Der ist uns schon einmal teuer gekommen, wegen Ihnen und Ihrer Fehlentscheidungen", sagte Haßelmann in Richtung Union. /ck