10.08.22, 15:00 von Stefanie Dierks

Aachen (energate) - Der Kölner Dom bleibt nachts dunkel. Nur noch in den Abendstunden wird er angeleuchtet. Bei anderen berühmten Bauten wie dem Berliner Fernsehturm oder dem Roten Turm in Halle fällt die Beleuchtung ganz aus. Den Kommunen ist bewusst, dass sie angesichts hoher Preise und gleichzeitiger Knappheit Energie sparen müssen. So sieht der EU-Notfallplan eine Reduktion des Gasverbrauchs von 15 Prozent bis zum Ende des Winters vor. Gleichzeitig ist Energie ein gewichtiger Kostenpunkt in den Unternehmen. Die Energierechnung der deutschen Kommunen liege jährlich bei mindestens fünf bis sechs Milliarden Euro, sagte ein Sprecher des Deutschen Städte- und Gemeindebundes (DStGB). Angesichts der Bedeutung des Themas fasst energate die wichtigsten kommunalen Maßnahmen gegen die Energiekrise zusammen.

In den Städten wird es dunkler

Banner "Koop: qbility"

Die Abschaltung der nächtlichen Strahler für öffentliche Gebäude ist in der Regel eine leicht umzusetzende Maßnahme, mit geringen Komforteinbußen. Die Maßnahmen müssen aber gut geplant sein: So rechnet die Stadt Berlin damit, dass sie drei bis vier Wochen braucht, bis sie alle Strahler abgeklemmt hat. Diese verbrauchen etwa 200.000 kWh/Jahr, teilte die Stadt mit. Das entspreche Stromkosten von 40.000 Euro pro Jahr. Allerdings beliefen sich die Kosten für die manuellen Abschaltungen der Strahler voraussichtlich auf eine ähnlich hohe Summe. 

Das baden-württembergische Neckarsulm verzichtet in der Zeit von 1 Uhr bis 5 Uhr vollständig auf nächtliche Beleuchtung. Hierzu muss die Stadt nach eigenen Angaben etwa 5.000 Laternenmasten mit einer rot-weißen Banderole kennzeichnen. Diese sind ein Hinweis für Verkehrsteilnehmer, dass Sie an ihrem Fahrzeug das Stand- oder Parklicht einschalten müssen. Auch auf die Weihnachtsbeleuchtung verzichtet Neckarsulm in diesem Jahr. Zudem werden Ampelanlagen zum Teil nachts abgeschaltet. Bei der Beleuchtung macht sich auch der Investitionsstau in den Kommunen bemerkbar. Erst 40 bis 50 Prozent hätten hier schon auf energiesparende LED-Beleuchtung umgerüstet, so der Sprecher des DStGB. Nach früheren Berechnungen der Deutschen Energieagentur (Dena) liegen die Einsparpotenziale bei der Straßenbeleuchtung bei bis zu 40 Prozent.

Saunen und Schwimmbäder schließen

Deutlich mehr Potenzial zum Energiesparen dürften Einschnitte bei Bädern und Saunen haben. Sie treffen aber auch auf weniger Akzeptanz in der Bevölkerung. Dennoch planen auch hier einige Städte deutliche Einschnitte beziehungsweise haben sie schon umgesetzt. So sind die städtischen Saunen in Bad Homburg (Hessen) und Speyer (Rheinland-Pfalz) geschlossen. Die Stadtwerke München haben ihre zehn Saunen ebenfalls geschlossen.

Banner "Anzeigenschaltung Verbund msg Verbund KW19"

Auch aufs Schwimmen müssen die Bürgerinnen und Bürger mancherorts verzichten. So wird das baden-württembergische Öhringen neben der Sauna auch das Hallenbad nach der Sommerpause nicht mehr öffnen. Und die Stadtwerke Witten schließen das Freibad bereits nach dem Ende der Sommerferien Mitte August. Neckarsulm hat sein Erlebnisbad in den technischen Ruhestand versetzt, wobei hier noch drei weitere Schwimmbäder für die Öffentlichkeit zur Verfügung stehen. Durch die Schließung spart die Stadt Neckarsulm nach eigenen Angaben rund 5,35 Mio. kWh Energie pro Jahr ein. Es bestehe aber die Gefahr, dass es zu Schäden an der Bausubstanz oder Problemen beim Wiederhochfahren kommen könnte. Auch in Würzburg schließen drei Schwimmbäder. Die Stadt betont aber, dass die Schwimmkurse zunächst fortgeführt werden.

Eine Maßnahme, die weit häufiger ergriffen wird als eine vollständige Schwimmbadschließung, ist das Absenken der Badetemperatur. Mit einer Absenkung um zwei Grad könnten Badbetreiber bis zu 25 Prozent der Energie einsparen, erklärte der DStGB-Sprecher. Schneller schwimmen, um nicht zu frieren, müssen die Bürgerinnen und Bürger unter anderem in Rostock, Neumünster und München. Die Stadtwerke Witten senken die Wassertemperatur in ihren beiden Hallenbädern zum Beispiel auf 25 Grad. Sie beträgt sonst 27 Grad.

Städtische Mitarbeitende müssen sich warm anziehen

Auch Liegenschaften wie Schulen oder Rathäuser werden in diesem Winter weniger warm sein. Dafür sind sie zurzeit zum Teil etwa wärmer, da die Raumklimatisierung zurückgefahren wird. Allein eine mittelgroße Schule verbrauche jährlich rund eine Mio. kWh Wärme und 100.000 kWh Strom, erläuterte der Sprecher des DStGB. Die meisten Kommunen wollen die Raumtemperaturen im Winter auf 19 oder 20 Grad begrenzen, manche Städte wie Mainz gehen noch darüber hinaus. Hier soll die Temperatur nur 18 Grad betragen. Bestimmte Gebäude wie Turnhallen sollen noch darunter liegen. In Köln werden städtische Fahrzeug- und Lagerhallen in diesem Winter lediglich frostfrei gehalten. Einige Kommunen wollen einen hydraulischen Abgleich durchführen, um Energie zu sparen. Zum Teil soll es in städtischen Liegenschaften - so auch in Turnhallen - nur noch kaltes Wasser geben. Die Städte Neumünster und Neckarsulm wollen darüber hinaus einige Liegenschaften zwischen Weihnachten und Neujahr schließen.

Weitere kommunale Energiesparmaßnahmen betreffen etwa - wie in Würzburg - die städtischen Brunnen. Neumünster verzichtet zudem in diesem Jahr auf die Eisbahn während des Weihnachtsmarkts. Über Wärmeräume für die Bevölkerung denken bislang nur sehr wenige Kommunen nach. Wenige Kommunen stellen zudem Überlegungen zu einem Fuel-Switch an. Einige Kommunen ziehen in Betracht, statt Erdgas im Winter Erdöl oder Holzhackschnitzel zur Wärmeerzeugung einzusetzen und bevorraten sich entsprechend - so etwa in Öhringen. Die Stadtwerke Neumünster setzen derweil ihren geplanten Brennstoffwechsel von Kohle auf Gas in einem Spitzenlastkessel aus.

Fazit: Kommunen alarmiert

Auch wenn sie aktuell noch keine Energiesparmaßnahmen getroffen haben: Die Kommunen sind alarmiert und bereiten sich auf solche vor. Das ergab die stichprobenartige Umfrage von energate. Dazu gibt es vielerorts Krisenstäbe oder Expertengruppen, etwa in Ulm oder Gelsenkirchen. Auch eine Sprecherin von Görlitz teilte mit, die Stadt arbeite ämterübergreifend an einem Konzept zur Energieeinsparung. Die Zielmarken sind dabei recht unterschiedlich. So will die Stadt Altenburg (Thüringen) mindestens 20 Prozent Energie einsparen. Die Stadt Würzburg geht hingegen davon aus, dass nicht mehr als zehn Prozent Ersparnis beim Erdgas möglich sein werden. Die Dena sieht bei den kommunalen Gebäuden insgesamt Energieeinsparpotenziale von 30 bis 50 Prozent. /sd

Portrait von Stefanie Dierks
Stefanie Dierks
Redakteurin

Aufgewachsen zwischen Braun- und Steinkohle lebe ich heute in Aachen. Bei der Fahrt durch das Rheinische Braunkohlerevier erlebe ich den Wandel in der Energiewirtschaft hautnah - entstehen doch zwischen den riesigen - und durchaus faszinierenden - Braunkohlebaggern zahlreiche Windkraftanlagen.

Profil aufrufen E-Mail schreiben