31.03.22, 15:06 von Michaela Tix

Karlsruhe (energate) - Der Energiekonzern EnBW will mindestens drei Mrd. Kubikmeter Erdgas pro Jahr über das geplante LNG-Terminal in Stade beziehen und führt zudem Gespräche über "eine darüberhinausgehende Zusammenarbeit". Damit kann der Projektentwickler Hanseatic Energy Hub seinen ersten großen Ankerkunden offiziell präsentieren, der für etwa ein Viertel der vorgesehenen jährlichen Kapazität stehen würde. "Das Projekt verfügt technisch, genehmigungsseitig und kommerziell über einen hohen Reifegrad", begründete EnBW-Vorstand Georg Stamatelopoulos die Entscheidung für Stade. "Aus unserer Sicht zudem besonders relevant: das Zero-Emission-Konzept sowie die kurze Anschlussdistanz an das deutsche Gastransportnetz", fügte er bei der Bekanntgabe eines "Memorandum of Understandig" an.

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Insgesamt sind drei Standorte im Rennen für den Bau des ersten LNG-Terminals auf deutschem Boden: Neben Stade sind das Wilhelmshaven und Brunsbüttel, wo die Bundesregierung mit 50 Prozent über die KFW-Bank einsteigen wird. Ob und wie viel LNG EnBW an den anderen beiden Standorten buchen könnte, blieb bis zum Redaktionsschluss unbeantwortet. Auch ob die "darüberhinausgehende Zusammenarbeit" eine Beteiligung an der Hanseatic Energy Hubt beinhalten könnte, ist noch offen.

EnBW muss große russische Lieferverträge ersetzen

Der Karlsruher Konzern steht vor der herausfordernden Aufgabe, Lieferverträge mit Gazprom zeitnah zu ersetzen. Aktuell bezieht die EnBW-Tochter VNG jährlich knapp 100 Mrd. kWh Erdgas aus direkten Verträgen mit russischen Lieferanten, was etwa 20 Prozent des gesamten Gaseinkaufs im EnBW-Konzern entspricht. Ab dem kommenden Jahr läuft ein Vertrag aus, wie Finanzvorstand Thomas Kusterer kürzlich bei der EnBW-Bilanzpressekonferenz erläutert hatte. Auf seiner Reise nach Katar hatte VNG-Chef Ulf Heitmüller Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck als Teil der Wirtschaftsdelegation begleitet. Katar wird bis 2027 seine LNG-Exportkapazität von heute 76 Mio. Tonnen LNG (100 Mrd. Kubikmeter) auf 110 bis 120 Mio. Tonnen LNG (140 bis 155 Mrd. Kubikmeter) ausbauen.

Die noch unverbindliche Phase der Interessensbekundungen für das Terminal in Stade, das mit seinen 12 Mrd. Kubikmetern etwa zehn Prozent des gesamten deutschen Gasbedarfs abdecken könnte, startete HEH vor einer Woche. Der Bau sollte ursprünglich Ende 2026 fertig sein. Noch vor Ostern will Hanseatic Energy Hub jetzt die Antragsunterlagen einreichen und damit den Genehmigungsprozess um einige Monate beschleunigen. Die Hansestadt Stade hatte vor wenigen Tagen ein politisches Signal gesetzt und ihr vorzeitiges kommunales Einvernehmen erteilt (energate berichtete).

Umweltschützer bleiben bei ihrer Kritik

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Trotz der Versorgungssicherheitsprobleme im Ukrainekrieg bleiben Umweltschützer aber skeptisch. "Der Beschluss des Stader Rates ändert nichts an der von uns formulierten Kritik an dem Bau des LNG-Terminals", sagte Heiner Baumgarten, Vorstandsvorsitzender des BUND Landesverband Niedersachsen, zu energate. Er kündigte eine fachlich und rechtlich "sehr intensive Prüfung" an. Ebenso wie die Deutsche Umwelthilfe hält der BUND die über 100 erwarteten Wendemanöver der LNG-Tanker in der Fahrrinne der Elbe für zu gefährlich. Beide Verbände kritisieren auch die unmittelbare Nähe zu verschiedenen Natur- und Vogelschutzgebieten. /mt

Portrait von Michaela Tix
Michaela Tix
Redakteurin

Ich bin seit 2003 Redakteurin im energate-Team und leite das Team Gas & Wärme. Davor war ich mehrere Jahre als freie Journalistin bei der Kölner Rundschau.

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