26.02.21, 12:03 von Stefanie Dierks

Essen (energate) - Ein Beobachter nannte es seinerzeit das "Woodstock der Energiewirtschaft". Ganz so hoch muss man den Prozess um die Fusion von Eon und Ruhrgas sicherlich nicht hängen. Aber der Zusammenschluss der beiden Unternehmen hielt zu Beginn des Jahrtausends die Energiewirtschaft sehr wohl in Atem und hatte erhebliche Auswirkungen auf die Branche. 

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Brisant war der Deal vor allem wegen der marktbeherrschenden Stellung der Ruhrgas. 60 Prozent des in Deutschland abgesetzten Gases ging auf ihr Konto. Zudem war sie das einzige Ferngasunternehmen mit einem überragenden Zugang zu allen für Deutschland infrage kommenden Gasförderquellen und den mit Abstand höchsten Speicherkapazitäten. Vor der Übernahme durch Eon waren mehrere Unternehmen an der Ruhrgas beteiligt. Die größten Anteilseigner waren die RAG und die zu BP gehörende Gelsenberg AG, letztere mit 25,5 Prozent der Anteile. Im Juli 2001 vereinbarte Eon mit der Gelsenberg AG eine Übernahme der Anteile zum Jahresbeginn 2002. Im November 2001 meldet der Konzern dann beim Bundeskartellamt die Mehrheitsübernahme an. Vorher hatte sich Eon mit weiteren Anteilseignern über eine Übernahme der jeweiligen Beteiligungen verständigt, die Gespräche mit der RAG liefen damals noch.

Bundeskartellamt befürchtete negative Auswirkungen

Das Bundeskartellamt wollte die gerade liberalisierten Märkte vor einem fusionierten Monopolisten schützen und verbot die Fusion. Dabei war der Behörde nicht nur die marktbeherrschende Stellung auf dem Gasmarkt ein Dorn im Auge, sie befürchtete auch negative Auswirkung auf den Stromsektor, da Gas ein wichtiger Primärenergieträger sei. Für die regionalen und kommunalen Tochterunternehmen fiele durch die Eingliederung der Ruhrgas ein bedeutender Wettbewerber im Gasmarkt weg, was die Marktkonzentration verschärfe, begründete das Bundeskartellamt seine Entscheidung. Zwar hatte Eon Auflagen angeboten, dem Kartellamt reichten diese aber nicht aus.

Ministererlaubnis 1 und 2

Hilfe kam aus der Politik, in Form einer Ministererlaubnis. Das Bundeswirtschaftsministerium unter der Führung von Werner Müller (parteilos) genehmigte die Fusion unter Auflagen. Ziel war ein in großes nationales Energieunternehmen, das im internationalen Vergleich mithalten kann. Doch kaum ausgesprochen, war die Ministererlaubnis schon wieder obsolet. Die Stadtwerkekooperation Trianel, der Stromhändler Ampere sowie die Stadtwerke Aachen und Rosenheim hatten beim Oberlandesgericht Düsseldorf Beschwerde eingelegt. Die Richter stoppten den Deal zunächst bis zum Hauptsacheverfahren. Es folgte Ministererlaubnis Nummer zwei. Um die Fusion dennoch aufs Gleis zu bringen, verschärfte das Wirtschaftsministerium die Auflagen dabei leicht, ohne jedoch das Gericht von seinem Kurs abzubringen. Im Übrigen hatte die Ministererlaubnis einen leichten Beigeschmack - war doch Wirtschaftsminister Müller in seinem früheren Berufsleben als Manager bei der später zu Eon gehörenden Veba tätig gewesen. Daher erteilte auch nicht offiziell Müller die Ministererlaubnis, sondern er überließ dies Staatssekretär Alfred Tacke. Dieser blieb der Branche ebenfalls erhalten, ab 2004 zunächst als Vorstandsvorsitzender der Steag und später als Vorstand der RAG Beteiligungs AG.

Außergerichtliche Einigung mit den Klägern

Obwohl das Gericht den Klägern wohlgesonnen war, durften Eon und Ruhrgas schließlich doch fusionieren. Eon einigte sich in der Folge mit neun Klägern außergerichtlich. Diese zogen daraufhin ihre Klagen zum Bedauern der Wettbewerbsbehörden zurück. "Geld regiert die Welt", wie man so schön sagt. Wie die Zugeständnisse an die Kläger konkret aussahen, gelangte nicht an die Öffentlichkeit. Durch die Fusion hatte langfristige Konsequenzen für die Energiebranche. Zum einen gab es einen neuen nationalen "Champion" im Gassektor, zum anderen trugen auch die damit verbundenen Auflagen dazu bei - wie ein umfangreiches Gas-Release-Programm, bei dem Ruhrgas Erdgasmengen versteigern musste. Zudem musste sich Eon von wesentlichen Beteiligungen trennen, insbesondere von denen an der Oldenburger EWE, der Verbundnetz Gas AG (VNG), Bayerngas, der SWB sowie an Gelsenwasser. /sd

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Portrait von Stefanie Dierks
Stefanie Dierks
Redakteurin

Aufgewachsen zwischen Braun- und Steinkohle lebe ich heute in Aachen. Bei der Fahrt durch das Rheinische Braunkohlerevier erlebe ich den Wandel in der Energiewirtschaft hautnah - entstehen doch zwischen den riesigen - und durchaus faszinierenden - Braunkohlebaggern zahlreiche Windkraftanlagen.

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