22.06.18, 16:15

Luxemburg (energate) - Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat eine Klage Polens gegen die Marktstabilitätsreserve im Rahmen des EU-Emissionshandels (ETS) abgewiesen. Polen hatte den Antrag gestellt, den 2015 auf EU-Ebene getroffenen Beschluss zur Einführung der Marktstabilitätsreserve (energate berichtete) für nichtig zu erklären. Als Grund führte das Land an, dass die Marktstabilitätsreserve (MSR) im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren erlassen worden sei. Dies sei aus polnischer Sicht nicht zulässig gewesen, da die MSR die nationale Wahl der verschiedenen Energiequellen sowie die Struktur der in diesem Fall von Kohle geprägten Energieversorgung erheblich berühre. Für solche Fälle sehe das Gesetzgebungsverfahren einen einstimmigen Ratsbeschluss vor (Art. 194 AEUV). Bei der Abstimmung im Europäischen Rat 2015 votierte Polen gegen die MSR-Einführung, wurde aber mit qualifizierter Mehrheit überstimmt.

Kein Eingriff in den nationalen Energiemix

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Der EuGH folgte der Argumentation Polens jedoch nicht und wies die gesamte Klage ab. Bei der Marktstabilitätsreserve handele es sich um eine Ergänzung oder Korrektur des Emissionshandelssystems, das ein festgestelltes strukturelles Ungleichgewicht im Zertifikatemarkt korrigieren soll, so das Gericht. Der Beschluss strebe demnach nicht an, in die Wahl von Energiequellen eines Mitgliedsstaates einzugreifen oder dessen Versorgungsstruktur erheblich zu berühren. Laut Urteilsbegründung ist es auch nicht das Hauptziel des angefochtenen Beschlusses, den Energiemix der Mitgliedstaaten durch eine Erhöhung der Preise für die Zertifikate weiterzuentwickeln. Vielmehr handele es sich um ein quantitatives Instrument zur Erreichung reduzierter Treibhausgasemissionen, welches nicht unmittelbar die Preise der Zertifikate festlege.

Auch weitere Klagegründe von polnischer Seite, die unter anderem auf eine Verletzung der Zuständigkeiten des Europäischen Rates und des Vertrauensschutzes sowie eine unrechtmäßige Vorverlegung des Starts auf 2019 abzielten, folgten die Richter nicht. Der EuGH wies somit die gesamte Klage als unbegründet zurück und übertrug die Verfahrenskosten an Polen. Deutschland war an dem Verfahren neben der EU-Kommission und weiteren Staaten als sogenannter Streithelfer beteiligt und unterstützte die Position der EU-Gremien. Diese Parteien müssen ihre Kosten selbst tragen, so der EuGH.

Marktstabilitätsreserve startet 2019

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Die Marktstabilitätsreserve kann somit wie geplant zum 1. Januar 2019 wirksam werden. Ab diesem Zeitpunkt werden jährlich 24 Prozent der überschüssigen Zertifikate aus dem Markt genommen und in die Reserve überführt. Überschussmengen können ab 2023 zudem gelöscht werden. So will die EU das Emissionshandelssystem und die CO2-Preise stärken und Investitionen in klimaschonende Technologien anreizen. Der EU-Rat hatte im Februar, nach jahrelangen Trilog-Verhandlungen, eine Reform des EU ETS beschlossen (energate berichtete). Die CO2-Preise haben sich seither um etwa fünf Euro auf aktuell rund 15 Euro/Tonne erhöht. /as