Brüssel (energate) - Der federführende Umweltausschuss des EU-Parlaments hat dem Kompromiss zur Reform des europäischen Emissionshandels zugestimmt. Zuvor tat dies bereits der Ausschuss der Ständigen Vertreter der Mitgliedstaaten. Der Kompromiss wurde vorab zwischen der estnischen Ratspräsidentschaft und dem EU-Parlament ausgehandelt (energate berichtete). Im Februar 2018 stimmt das Plenum des EU-Parlaments in erster Lesung darüber ab. In der Regel folgt das Parlament dabei der Entscheidung des federführenden Ausschusses. Die anschließende Zustimmung im EU-Ministerrat ist Formsache.
Reduktionsfaktor steigt auf 2,2 Prozent
Die Reform sieht im Kern vor, dass zwischen 2021 und 2030 die Treibhausgasemissionen jährlich um 2,2 Prozent sinken. Bis 2020 liegt der sogenannte lineare Reduktionsfaktor bei 1,74 Prozent. Entsprechend weniger CO2-Zertifikate werden dann ab 2021 zugeteilt. Von diesen Zertifikaten werden 57 Prozent versteigert. Die Stromindustrie ist dabei in der Pflicht, all ihre Zertifikate zu ersteigern. Die anderen 43 Prozent werden hingegen der verarbeitenden Industrie kostenlos zugeteilt, wenn sie im internationalen Wettbewerb stehen und die Gefahr der Standortverlagerung in Länder mit geringeren Umweltstandards besteht (Carbon Leakage).
Insgesamt 400 Mio. Zertifikate werden für einen Innovationsfonds abgezweigt. Die geldwerten Zertifikate aus diesem Fonds werden von der Europäischen Investitionsbank versteigert, die mit den Erlösen innovative, CO2-arme Vorhaben der Industrie fördert. Zwei Prozent aller zur Verfügung stehenden Zertifikate werden für einen Modernisierungsfonds reserviert, mit dessen Erlösen arme Mitgliedstaaten ihren Energiesektor modernisieren können. 24 Prozent der Menge der im Umlauf befindlichen Zertifikate sollen schon ab 2019 jährlich von den Auktionsmengen abgezogen und in die Reserve eingestellt werden. Allerdings vorläufig nur bis 2023. Dann soll die EU-Kommission die Mengensituation nochmals prüfen. Ist die Gesamtmenge der in Umlauf befindlichen Zertifikate 2023 größer als die Menge in der Marktstabilitätsreserve (MSR), werden die Zertifikate in der MSR gelöscht.
Lob und Kritik
Ottmar Edenhofer, Chefökonom und stellvertretender Direktor des Potsdamer Instituts für Klimaforschung, bestreitet, dass die Reform Anreize schafft, den CO2-Ausstoß zu reduzieren. Eine reine Mengenbegrenzung der CO2-Rechte stelle das nicht sicher, dafür sorge nur ein Mindestpreis. "Es ist allein der Preis, der den Anreiz zur Emissionsreduktion setzt", wird Edenhofer in der "FAZ" zitiert. Der CDU-Europaabgeordnete und umweltpolitische Sprecher der EVP, Peter Liese, bewertete das ausgehandelte Ergebnis jedoch positiv. Er freue sich vor allem über den Innovationsfonds, der aus 400 Mio. Zertifikaten gespeist wird. Man könne davon ausgehen, dass sich der Preis einer Tonne CO2 durch die Reform auf etwa 25 Euro verfünffache. Damit stünden etwa 10 Mrd. Euro für innovative Projekte, wie zum Beispiel die CO2-freie Stahlproduktion, zur Verfügung. /rl