09.11.15, 15:15

Berlin (energate) - Der Verband der Industriellen Energie- und Kraftwirtschaft (VIK) hat deutliche Kritik am "Standortfaktor Energiepolitik" geübt. Ohne international vergleichbare politische Rahmenbedingungen befürchtet der Verband der großen Energieabnehmer ein "langsames Ausbluten der Industrie", hieß es vor Journalisten in Berlin. Der VIK-Vorstandsvorsitzende Roland Mohr sprach von einer "unbefriedigenden Gesamtsituation" für die industriellen Stromkunden. So lägen die durchschnittlichen Industriestrompreise hierzulande im globalen Vergleich in der "Spitzenregion", so Mohr. Auch seien die Gaspreise in Deutschland zu hoch - 2,5-mal höher als etwa in den USA. Das führe dazu, dass in Deutschland Abschreibungen von Unternehmen nicht länger durch neue Investitionen gedeckt wären. Die Branche mit den höchsten prozentualen Desinvestitionen seien die Glas- und Keramikhersteller mit minus 36,1 Prozent zwischen 2000 und 2014. Auf Dauer drohe so der Verlust der Wettbewerbsfähigkeit sowie ein Weggang vom Standort Deutschland. Letzterer sei laut Mohr bereits "schleichend spürbar". Andere Unternehmen hielten ihre Standorte nur noch im "Verschleißbetrieb", so der VIK.

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Unzufrieden ist der Großteil der Industrieunternehmen zudem mit der Umsetzung der Energiewende. Im Jahr 2015 bewerteten insgesamt 51 Prozent der Industrieunternehmen die Transformation "negativ" bis "sehr negativ", zeige eine aktuelle Umfrage. Das sei der gleiche Wert wie schon 2014 und eine leichte Veränderung zu 2013 (56 %). Die Energiewende biete zwar auch Chancen, sagte die VIK-Geschäftsführerin Barbara Minderjahn, doch sei sie kein Allheilmittel. Zwar brauche man in Deutschland Stabilität, so Minderjahn in Hinblick auf die diskutierte netzstabilisierende Rolle der großen Stromverbraucher. Allerdings sei es die erste Verpflichtung der Industrie, zu produzieren, und nicht, das Stromnetz zu stabilisieren. Es sei im Übrigen eine Verdrehung der Realität, wenn man sich nach dem Stromerzeuger richten müsse. Gewollt ironisch fügte Minderjahn hinzu, stabile Rahmenbedingungen gebe es: Durch die existenten Ausbaukorridore für Erneuerbare werde es für die Industrie immer teurer.

Auch bei der Eigenerzeugung ist die Industrie alarmiert. Eine Novelle der KWK-Gesetzgebung ist derzeit in Arbeit und könnte zum 1. Januar 2016 in Kraft treten (energate berichtete). Da der Großteil der Eigenerzeugung über Kraft-Wärme-Kopplung-Technik organisiert sei, brauche es hier faire Bedingungen. Insbesondere gelte dies beim Umgang mit Bestandsanlagen, so Minderjahn. Diese gingen auf eine sehr langfristige Entscheidung zurück, höhere Belastungen seien daher "existenzbedrohend". Daher sei es ein "Muss" aus Sicht des VIK, dass Bestandsanlagen von der Zahlung der EEG-Umlage befreit werden. Eine Förderung für neue KWK-Anlagen sei zudem wünschenswert.

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KWK sei laut VIK darüber hinaus nötig zum Erreichen der Klimaziele. An einem erfolgreichen Ausgang der Klimakonferenz in Paris sei "niemand so stark interessiert" wie die Industrieunternehmen, meinte Annette Loske, VIK-Hauptgeschäftsführerin. Vor allem um gleiche Voraussetzungen für alle zu schaffen, so Loske. Das Hauptinstrument für den Klimaschutz stelle dabei nach wie vor der Emissionshandel dar, der jedoch weiterentwickelt werden müsse. Andernfalls drohten Produktionsverlagerungen ins Ausland aufgrund steigender Kosten durch den Emissionshandel innerhalb der EU (Carbon Leakage). Allerdings hat Loske Zweifel, dass das in Paris passiert. /dz