23.10.15, 16:51

Essen (energate) - Betriebe mit einem hohen Stromverbrauch werden im kommenden Jahr um knapp 898 Mio. Euro bei den Netzentgelten entlastet. Da zudem aus dem Jahr 2014 noch ein Fehlbetrag von rund 175 Mio. Euro ausgeglichen werden muss, wird 2016 ein Betrag von rund einer Mrd. Euro auf die Stromkunden umgelegt. Die sogenannte Paragraf-19-Umlage steigt damit auf ihren bislang höchsten Stand. Sie liegt ab Januar bei 0,378 Cent/kWh, wie aus Angaben der Übertragungsnetzbetreiber 50 Hertz, Amprion, Tennet und Transnet BW hervorgeht. Für Großabnehmer gilt die Umlage nur für die erste Mio. kWh im Jahr an einer Abnahmestelle, auf darüber hinausgehende Strommengen wird eine reduzierte Umlage von 0,05 Cent/kWh erhoben (Schienenverkehr 0,025 Cent/kWh).

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Nach der Stromnetzentgeltverordnung können stromintensive Unternehmen bei ihrem jeweiligen Netzbetreiber ein reduziertes, individuelles Netzentgelt beantragen. Die Einnahmen, die dem Netzbetreiber dadurch verloren gehen, werden seit 2012 vom Übertragungsnetzbetreiber erstattet. Diese Zahlungen sowie eigene entgangene Erlöse werden unter den Übertragungsnetzbetreibern ausgeglichen und als Aufschlag auf die Netzentgelte auf alle Verbraucher umgelegt. In diesem Jahr ergab sich daraus eine Umlage von 0,227 Cent/kWh.

Damit ein Unternehmen das reduzierte Netzentgelt in Anspruch nehmen kann, muss es sich netzdienlich verhalten. Das gilt als erfüllt, wenn es entweder eine atypische Nutzung (Paragraf 19, Absatz 2, Satz 1) oder einen konstant hohen Verbrauch (Satz 2 und 3) nachweisen kann. Die Bundesnetzagentur hat in einem Evaluierungsbericht zur Paragraf-19-Umlage kritisiert, dass die angelegten Kriterien nicht mehr zeitgemäß sind (energate berichtete). Um tatsächlich zur Netzstabilität beizutragen, müssten die Betriebe sehr viel flexibler auf die jeweilige Netzsituation reagieren. Vor allem die konstante Abnahme trage nichts zur Versorgungssicherheit bei und setze mit der Belohnung einer unflexiblen, konstant hohen Abnahme die falschen Anreize.

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Bei der atypischen Nutzung, also der Stromabnahme in lastschwachen Zeiten, sind laut Regulierungsbehörde schon eher positive Effekte zu erwarten. Allerdings sei hier eine große Zahl von Mitläufern zu verzeichnen, deren Stromverbrauch eher zufällig in diese Zeiten fällt. Beispiele seien etwa Bäckereien, Kinos oder Mastbetriebe. Im kommenden Jahr entfallen auf die atypische Netznutzung rund 310 Mio. Euro. Bei der konstanten Abnahme sind es 587 Mio. Euro. Im Jahr 2014 summierten sich beide Entlastungen zusammen auf 508 Mio. Euro. Die Bundesnetzagentur hat in ihrem Bericht empfohlen, die Entlastung zu beschränken und stärker auf ein flexibles Verbrauchsverhalten abzustellen. Die Bundesregierung hat dazu Vorschläge in ihrem Weißbuch zur Strommarktreform vorgelegt (energate berichtete). /tc